Israel Historischer Gaza-Abzug abgeschlossen

Nach fast 40-jähriger Besatzung des Gaza-Streifens hat Israel die letzte Siedlung in dem palästinensischen Gebiet geräumt. Damit keimt neue Hoffnung für den Friedensprozess im Nahen Osten auf.

Israel hat den historischen Abzug aus dem Gazastreifen abgeschlossen. Nach fast vier Jahrzehnten Besatzung verließen am Nachmittag die letzten 600 Einwohner in Bussen friedlich die jüdische Siedlung Netzarim. Die Evakuierung der insgesamt 21 Siedlungen mit 8.500 Bewohnern und 1.500 Abzugsgegnern dauerte insgesamt nur gut eine Woche und verlief damit weitaus schneller aus von den Sicherheitskräften zunächst geplant.

Polizeichef Uri Bar-Lew gab den Abschluss der Räumungsaktion am frühen Abend in Netzarim bekannt. Mit Erlaubnis der Streitkräfte hielt sich nach Angaben eines Polizeisprechers jedoch noch eine Familie dort auf, die die Siedlung aber auch noch verlassen wird.

Räumungen im Westjordanland beginnen

Am Dienstag soll die Räumung der beiden Siedlungen Sanur und Homesch im Westjordanland beginnen. Dabei befürchten die Streitkräfte in gewaltsame Auseinandersetzungen mit rund 2.000 jugendlichen Ultranationalisten, die nach Angaben aus Sicherheitskreisen Handgranaten und Tränengas gehortet haben. Mehr als 5.000 Soldaten wurden ins Westjordanland verlegt. Ministerpräsident Ariel Scharon kündigte an, andere jüdische Wohngebiete dort auszubauen.

Die Räumung der Siedlungen hat weltweit Hoffnung auf neuen Schwung für den Friedensprozess im Nahen Osten geweckt. Nach der Zerstörung der Häuser im Gazastreifen wird das Gebiet erstmals unter palästinensischer Kontrolle stehen. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas nannte den Rückzug aus dem Gazastreifen den Beginn des vollständigen israelischen Abzugs aus den palästinensischen Gebieten.

Siedler verlassen ihre Heimat in gepanzertem Bus

Hinter Thora-Rollen und einem hölzernen Kandelaber zogen die Bewohner von Netzarim bei Gaza am Montag durch ihre Siedlung, um Abschied zu nehmen. Zum Mittagsgebet versammelten sich hunderte in der Synagoge, bevor sie mehr als 30 gepanzerte Busse bestiegen und aus dem Gazastreifen gefahren wurden. Die Siedler hatten den friedlichen Abzug zuvor mit den Streitkräften ausgehandelt. Einige Bewohner versuchten bis zuletzt, die Wirklichkeit zu ignorieren. So waren sie zum Beispiel noch mit der Reparatur eines Daches beschäftigt, als die Räumungstrupps eintrafen.

Netzarim war in den letzten Jahren immer wieder Ziel von Angriffen palästinensischer Extremisten. Rund 550 Soldaten standen zum Schutz der Siedlung bereit - etwa einer pro Bewohner. Nach einem Bericht des israelischen Militärrundfunks errichten evakuierte Siedler zwei Zeltcamps an der Grenze zum Gazastreifen, um gegen die ihrer Meinung nach unzureichende Angebote der Regierung für ihre Unterbringung zu protestieren. Scharon sprach von einem politischen Trick, um Sympathien zu gewinnen.

Scharon sieht nun Palästinenser am Zug

Scharon erklärte, es werde keine weiteren einseitigen Schritte bezüglich der Räumung von Teilen des Westjordanlands mehr geben. Auch würden einige der dortigen Siedlungen weiter ausgebaut. Ein Sprecher Scharons bestätigte einen Bericht der "Jerusalem Post", wonach der Ministerpräsident die großen Siedlungsblocks Maaleh Adumim bei Jerusalem und Ariel nördlich von Tel Aviv erweitern will. Einer Räumung weiterer Siedlungen im Westjordanland werde er vorerst nicht zustimmen. Es gelte jetzt zunächst, die Verhandlungen über den internationalen Friedensplan, die so genannte Roadmap, wieder aufzunehmen. Und dies bedeute vor allem, dass der Terror palästinensischer Extremisten gestoppt werden müsse. Nach dem Friedensplan ist Israel allerdings auch verpflichtet, die Siedlungen nicht auszubauen.

AP · Reuters
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