Israel Süße Sünde ganz koscher

Die Lust auf weihnachtliche Süßigkeiten hat auch Israel erfasst. Bislang galten die Naschereien als Teufelswerk, das strenggläubige Juden nicht essen dürfen. Doch es naht die Rettung - endlich Naschen ohne Höllenangst.

Die koschere Weihnachtsschokolade und die "Santa-Säckchen" aus Jute liegen in einem Supermarkt in Tel Aviv gleich neben den traditionellen Schokoladentalern für das jüdische Chanukka-Fest. In roten Stiefelchen mit weißem Pelzrand finden sich kleine Schoko-Weihnachtsmänner und bunter "Mäusespeck". In den letzten Jahren hat das Weihnachtsgeschäft auch im israelischen Handel seinen Einzug gehalten. Ultra-orthodoxen Juden ist diese christliche Symbolik in den großen Supermärkten, die sich früher recht streng an die Vorschriften des jüdischen Religionsgesetzes gehalten hatten, ein Dorn im Auge.

Die streng religiöse Schas-Bewegung sprach von einem "Armutszeugnis". "Nie haben Süßigkeiten einen so bitteren Geschmack auf den Lippen der israelischen Kinder hinterlassen", teilte ein Sprecher der Zeitung "Maariv" mit.

Der Rabbiner Schmuel Eliahu interpretiert das Angebot der süßen Verlockungen als Anzeichen für einen Identitätsverlust der säkularen Juden in Israel. "Es ist kein Wunder, wenn Menschen, die ihre Identität verlieren, Symbole anderer Religionen annehmen." Eine ultra-orthodoxe Organisation rief sogar dazu auf, dem Elit-Konzern wegen der Schokolade das Koscher-Zertifikat zu entziehen. Ein Sprecher von Elit betonte, das Produkt sei für die christlichen Bürger Israels bestimmt.

Weihnachtsschokolade ist der große Renner

Säkulare Israelis scheinen sich aber ohnehin nicht um den Zorn der Religiösen zu scheren. Sie haben kaum Berührungsängste mit Weihnachten. Immer mehr kaufen sich sogar im Dezember einen Christbaum. Auch Silvester wird in Israel in den letzten Jahren gern gefeiert. Religiöse Juden sehen dies mit großer Sorge, weil sie eine Aufweichung des jüdischen Charakters im Staate Israel fürchten.

Ina Livschitz, Verkäuferin in einem Supermarkt in Tel Aviv, erzählt, die Weihnachtsschokolade sei der große Renner und werde zumeist von ganz "normalen" Israelis gekauft. "Ich würde sagen, ein Drittel der Käufer sind Einwanderer aus Russland, aber zwei Drittel sind jüdische Israelis", meint die Frau, die selbst mit einem starken russischen Akzent spricht. "Die Leute sind ganz verrückt danach." Sie sieht die Süßigkeiten auch gar nicht als Symbol für die Geburt Jesus. "Jesus? Ach was, es geht um die weltweite Feier des neuen Jahres, die Geburt des neuen Jahres", sagt die rundliche, stark geschminkte Frau. "Diese Ultra-Orthodoxen denken immer, man müsste an Feiertagen weinen", sagt Livschitz mit einem trotzigen Gesichtsausdruck. "Ein bisschen Spaß und Freude, was ist daran schon so schlimm?"

DPA
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