Italien Sex-Skandal erschüttert Linke

Ein hochrangiger italienischer Politiker und eindeutige Sexaufnahmen. Im ersten Moment hört sich das nach einem echten Berlusconi an. Doch nun hat auch die größte Oppositionspartei des Landes ihren eigenen Skandal.

Ein Video von einem möglicherweise kompromittierenden Erotik-Abenteuer, Dementis, Ermittlungen: Bisher schien der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi darauf das Monopol zu haben. Doch seit dem Wochenende wird auch die größte Oppositionspartei Demokratische Partei (PD) von einem Sexskandal erschüttert. Dabei wollte die PD mit ihrer am Sonntag durchgeführten Wahl eines neuen Chefs endlich wieder in die Offensive gehen.

Laut Medienberichten vom Samstag gibt es ein Video, das den ranghohen PD-Politiker Piero Marrazzo mit einem Transsexuellen in einer römischen Wohnung zeigt. Vier Polizisten sind in Haft, weil sie versucht haben sollen, den 51-jährigen Marrazzo mit dem Video zu erpressen. Die Behörden bestätigten entsprechende Ermittlungen. Marrazzo, Gouverneur der wichtigen Region Latium, beteuerte, es handele sich dabei um eine Fälschung, mit der er aus der Politik gedrängt werden solle. Er kritisierte, in der Affäre seien "bestehende Schwächen seiner Privatsphäre" ausgenutzt worden. Gleichwohl kündigte er seinen Rückzug von den Parteiämtern an und übergab die Amtsgeschäfte bereits seinem Stellvertreter. Er wolle der Linkspartei nicht schaden und auch seine Familie aus der Debatte um seine Person heraushalten, betonte Marrazzo. Zu Einzelheiten des Falls werde er sich erst nach Abschluss der Ermittlungen äußern. Der ehemalige Journalist und Fernsehstar war seit 2005 Gouverneur der Region.

Sex-Schlagzeilen überschatten Wahl

Der Skandal beherrschte am Wochenende die Titelseiten, die Berlusconi sonst für sich gepachtet zu haben scheint. Die Urwahl eines neuen PD-Vorsitzenden geriet fast in den Hintergrund. Um den Posten bewerben sich Amtsinhaber Dario Franceschini sowie der frühere Industrieminister Pier Luigi Bersani und Iganzio Marino. Letzterer gilt als Außenseiter, Bersani indes als Favorit. Sollte er nicht die absolute Mehrheit erhalten, kommt es auf dem Parteitag kommenden Monat zur Kampfabstimmung.

Die Wahlbeteiligung scheint unterdessen unter den Schlagzeilen nicht gelitten zu haben: Laut italienischen Medien wurden bis zum Mittag rund 900.000 Stimmen abgegeben - etwa 20 Prozent mehr als bei den ersten Parteichefwahlen der PD vor zwei Jahren.

Die PD hat sich von ihrer Niederlage gegen Berlusconis Konservative im April 2008 noch immer nicht erholt. Selbst von den zahlreichen Sex- und Chauvinisumus-Skandalen des Amtsinhabers konnten die Linken nicht profitieren. Nun ist ihnen für Attacken auf den Regierungschef erst einmal der Wind aus den Segeln genommen.

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AP/DPA/AFP