Die US-Kongresswahlen haben sich zu einem Fiasko für Präsident George W. Bush entwickelt: Nach dem Verlust der Mehrheit im Repräsentantenhaus eroberten die Demokraten auch die Kontrolle über den Senat. Bush kam bereits am Donnerstag zwei Tage nach der Wahl mit hochrangigen Demokraten zusammen, auf deren Unterstützung er künftig angewiesen ist. In der Irak-Politik signalisierte Bush Kompromissbereitschaft. Das schlechte Abschneiden bei der Wahl auch wegen des Irak-Krieges hatte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Dienstag das Amt gekostet.
Die Demokraten ergatterten jüngsten Ergebnisssen zufolge den hart umkämpften Senatsposten in Virginia. Der bisherige Amtsinhaber der Republikaner, George Allen, räumte am Donnerstag seine Niederlage ein. Damit dürfte eine Neuauszählung vom Tisch sein. Das Endergebnis lag noch nicht vor. Der demokratische Herausforderer James Webb hat nach derzeitigem Stand einen Vorsprung von knapp 9000 Stimmen. Zuvor hatte bereits der republikanische Senator Conrad Burns im Bundesstaat Montana seine knappe Niederlage eingeräumt.
Mit den beiden Senatsposten
aus Montana und Virginia kommen die oppositionellen Demokraten nun auf 51 der 100 Sitze in der Kammer. Schon am Mittwoch stand fest, dass die Demokraten im neuen Kongress nach zwölf Jahren erstmals wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus übernehmen werden. Sie gewannen hier etwa 30 zusätzliche Sitze.
Für Bush führt angesichts der neuen
Machtverhältnisse kein Weg an einer Zusammenarbeit mit den Demokraten vorbei. Nur so kann er vermeiden, in seinen letzten beiden Amtsjahren zu einer lahmen Ente ("lame duck") zu werden, deren Politik ständig vom Kongress geblockt wird. Deshalb lud Bush die designierte Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, und deren rechte Hand, Steny Hoyer, zum Mittagessen ins Weiße Haus ein. "Wir werden uns nicht bei jedem Thema einig sein, aber wir sind beide der Meinung, dass wir Amerika gleichermaßen lieben", sagte Bush im Anschluss. Das Gespräch sei insgesamt freundlich und konstruktiv verlaufen. Pelosi erklärte, sie freue sich trotz bestehender Differenzen auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Republikanern. Was nun zähle, seien sichtbare Ergebnisse für das Volk.
Im Wahlkampf hatten sich Bush und Pelosi noch bitter bekämpft und gegenseitig beleidigt. Doch nun wird die linksliberale Pelosi die mächtigste Gegenspielerin des Präsidenten sein. Ein Thema des Treffens war auch der umstrittene Irak-Einsatz. Bush hatte eingeräumt, dass seine Irak-Politik zur Wahlschlappe der Republikaner beigetragen habe und nicht gut genug greife. Nun zeigte er sich ausdrücklich offen für Vorschläge, die dazu dienten, die Terroristen im Irak zu besiegen und der dortigen demokratischen Regierung zum Erfolg zu verhelfen.
Die Demokraten haben sich bislang nicht auf eine klare Richtung in der Irak-Politik festgelegt, aber eine Korrektur gefordert. Ihr Vorsitzender im Senat, Harry Reid, rief Bush dazu auf, den Irak zum Schwerpunkt eines Gipfeltreffens mit führenden Kongress-Mitgliedern beider Parteien zu machen. Sowohl die Republikaner als auch die Demokraten müssen beim sensiblen Thema Irak äußerst vorsichtig agieren, denn das Thema dürfte auch den nächsten Präsidentschaftswahlkampf prägen.
Rumsfelds Nachfolger soll der
frühere CIA-Chef Robert Gates werden. Republikanische Anführer im Senat setzten noch für den Dezember eine erste Anhörung von Gates an. Ziel sei es, den neuen Verteidigungsminister noch vor Ende des Jahres zu bestätigen, sagte ein Vertrauter des republikanischen Mehrheitsanführers im Senat, Bill Frist.
Reuters/AP