Bei den schwersten Ausschreitungen seit Jahren sind in der Nacht zum Freitag in Belfast mehr als 100 Polizisten sowie zahlreiche gewalttätige Demonstranten verletzt worden. Zu den Ausschreitungen kam es im Anschluss an die jüngsten Paraden des protestantischen Oranier-Ordens. Etwa 200 Katholiken warfen mit Brandbomben, Steinen und Flaschen auf Polizisten.
Diese setzten zum ersten Mal seit 20 Jahren in Belfast wieder Wasserwerfer sowie Plastikgeschosse ein. Ein Beamter wurde mit einer Spitzhacke zu Boden geschlagen. Zwei andere erlitten Brandverletzungen durch Molotow- Cocktails. Die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer ein und feuerten 40 Plastikgeschosse auf die überwiegend katholischen Demonstranten ab. »Wir wurden mit Farb- und Säurebomben und mit Molotow-Cocktails angegriffen«, sagte Polizei-Inspektor Alan McQuillan. Die Menge riss sogar Bäume aus und ging damit gegen die Polizei vor. »Es war geplante Gewalt«, sagte der Beamte. Die katholisch-republikanische Partei Sinn Fein warf der Polizei indes vor, sie habe überreagiert.
Das Gebiet um das katholische Wohnviertel Ardoyne wurde weiträumig abgeriegelt. Die Situation eskalierte am Abend, als Teilnehmer der Protestanten-Parade an dem katholischen Wohnviertel vorbei marschierten. Die Bewohner des Viertels
versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen, und es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Mindestens 113 Beamte seien verletzt worden, teilte die Polizei mit, 19 von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden.
Neue Bemühungen im Friedensprozess
Auch in der Küstenstadt Ballycastle kam es zu Auseinandersetzungen. Katholische Demonstranten und die marschierenden Oranier bewarfen sich gegenseitig mit Steinen, bevor die Polizei einschritt. Politiker beider Seiten machten die jeweils andere Bevölkerungsgruppe für die Eskalation verantwortlich. Mit Hunderten Paraden in der gesamten Provinz erinnerten die nordirischen Protestanten am Donnerstag an den Sieg Wilhelms von Oranien über den katholischen König Jakob II. am 12. Juli 1690.
In der Nähe der englischen Stadt Birmingham soll heute ein neuer Versuch gemacht werden, den Nordirland-Friedensprozess aus der Sackgasse zu führen. Unter Leitung des britischen Premierministers Tony Blair und seines irischen Amtskollegen Bertie Ahern wollen die Konfliktparteien zu Verhandlungen zusammenkommen. Die Gesprächsrunde ist nach Angaben der Londoner Regierung »die letzte Chance«, den Friedensprozess zu retten.