Saudi-Arabien Mysterium in schwarzem Gewand

Sie wollten ihre Stimme erheben, die Frauen Saudi-Arabiens, bei der ersten landesweiten Kommunalwahl. Die Hoffnung ist nun der Enttäuschung gewichen: Wählen widerspreche angeblich der Natur der Frauen.

Unsere "schwarzen beweglichen Objekte" nennen liberal denkende Männer in Saudi-Arabien die weibliche Hälfte der Bevölkerung gelegentlich spöttisch. Denn die staatlich verordnete strenge Geschlechtertrennung in der Öffentlichkeit und die Vorschriften, die Frauen zum Tragen schwarzer bodenlanger Gewänder und Kopftücher zwingen, sorgen dafür, dass Männer saudiarabische Frauen meist als fremde, mysteriöse Wesen wahrnehmen. Da ein Großteil von ihnen zusätzlich noch einen dunklen Gesichtsschleier trägt und einige sogar ihre Augen verhüllen, sind die einheimischen Frauen im Stadtbild fast nicht präsent.

Die Hoffnung war groß

Doch obwohl Frauen in Saudi-Arabien nicht Auto fahren dürfen und selbst für den Abschluss eines Mobiltelefon-Vertrags die Erlaubnis des Ehemannes oder eines männlichen Verwandten benötigen, hatten einige von ihnen gehofft, dass Frauen an den für nächstes Frühjahr geplanten ersten landesweiten Kommunalwahlen teilnehmen könnten. Nach anders lautenden Berichten in den regierungsnahen Medien vom Wochenende ist diese Hoffnung nun großer Enttäuschung gewichen. Vor allem die Tatsache, dass Frauen in anderen konservativen Öl-Monarchien - mit Ausnahme Kuwaits - bereits wählen dürfen, hatte ihnen Mut gemacht. Auch wäre ein Schritt in Richtung Liberalisierung als Teil der Strategie des Königshauses gegen den islamischen Extremismus und Terror denkbar gewesen.

Frauenwahlrecht totgeschwiegen

Die Behörden hielten sich derweil jedoch bedeckt. Im Wahlgesetz ist schlicht von "Bürgern" die Rede. Ob dies auch Frauen mit einschließen würde, ließ man über Wochen offen. Entsprechende Anfragen blieben unbeantwortet. Das Frauenwahlrecht wurde damit quasi zum "Nicht-Thema" erklärt.

"Vielleicht hatten sie es bewusst ungenau formuliert, um erst einmal die öffentliche Reaktion zu testen, bevor sie eine endgültige Entscheidung treffen", meint Nadia Bachurdschi, die vor einigen Tagen als erste und einzige Frau im Königreich ihre Kandidatur angekündigt hatte. "Niemand wird uns Frauen unsere Rechte auf einem Tablett servieren, wir müssen selbst aktiv werden", meint die 37 Jahre alte Innenarchitektin und Mutter zweier Kinder. Gleichzeitig betont sie: "Ich bin keine radikale Person." Hätte man ihr erlaubt, sich zur Wahl zu stellen, hätte sie sich vor allem für den Umweltschutz stark machen und Freizeitzentren für die chronisch gelangweilten Jugendlichen des Landes aufbauen wollen.

Wählen "gegen die Natur"

Diejenigen saudiarabischen Männer, die den Platz der Frau ohnehin nur am heimischen Herd sehen, stützen sich dabei nicht etwa auf religiöse Argumente, da der Islam die politische Betätigung von Frauen nicht verbietet. Die Zeitung "Arab News" zitiert am Sonntag ein Mitglied des Schura-Rates, der die vom Königshaus unter König Fahd kontrollierte Regierung berät, mit den Worten: "Was wollen Frauen überhaupt mit dem Wahlrecht und Kommunalwahlen? Weshalb wollen sie sich mit etwas belasten, was ihnen neu und fremd ist? Diese Angelegenheiten widersprechen ihrer Natur, warum also wollen sie Probleme machen?"

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Anne-Beatrice Clasmann/DPA