Kritiker meinen, das stinkt zum Himmel: Eine Million Dollar hat der US-Kongress kürzlich für die Bekämpfung von Blähungen bei Hühnern im Staat Iowa bewilligt. Im entsprechenden Ausgabengesetz heißt das natürlich etwas anders. Danach dient das Geld zur "Eindämmung von Emissionen auf Hühnerfarmen" und eine weitere Summe von 400.000 Dollar der "Erforschung von Dung-Management", wohinter sich ein Projekt zur Beseitigung von Schweine-Abfällen verbirgt.
Steuerzahlerverbände stehen die Haare zu Berge
Zusammen fast eineinhalb Millionen Dollar - und das bei einem erwarteten Etatdefizit von 371 Milliarden Dollar im Fiskaljahr 2006 und einer Staatsverschuldung von 8,5 Billionen: Da stehen Organisationen wie den "Bürgern gegen Regierungsverschwendung" (CAGW) und den "Steuerzahlern für Vernunft" die Haare zu Berge.
Die beiden Agrarprojekte sind nur zwei Beispiele unter vielen. Jedes Jahr verschleudert der Kongress Milliarden Dollar an Steuergeldern für Vorhaben, die oft gar nicht benötigt werden und hauptsächlich dazu dienen, die Bürger in den heimischen Wahlkreisen zufrieden zu stellen. Dabei greifen Abgeordnete und Senatoren häufig zu Tricks. Wohltaten für die Wähler werden als Zusätze an wichtige Gesetze angehängt, deren Scheitern sich die Kongressmitglieder kaum erlauben können. Und da keine einzelnen Gesetzespassagen abgelehnt werden können, sondern nur das Gesetz als Ganzes, geht es denn nun den Hühnerausdünstungen zu Leibe.
500.000 Dollar für ein Teekannenmuseum
Und Sparta in North Carolina kann sich dank einer Finanzspritze von 500.000 Dollar aus Washington demnächst ein Teekannenmuseum leisten - das gehört zu den 9963 Projekten, die Abgeordnete und Senatoren im Fiskaljahr 2006 in elf große Ausgabengesetze gemogelt haben. Das sind zwar weniger Einzelposten als 2005, aber dafür kommen sie die Steuerzahler mit insgesamt 29 Milliarden Dollar so teuer zu stehen wie noch nie zuvor in einem Jahr. Das hat die Organisation CAGW errechnet, die seit 16 Jahren Buch über diese Auswüchse führt.
"Pork barrel spending", Ausgaben aus dem Schweinefleischfass, nennt man die Spendierfreudigkeit in der politischen Sprache, laut Kongress-Bibliothek ein Begriff in Anlehnung daran, dass einst Speck aus Fässern an Sklaven ausgeteilt wurde. So wartet US-Präsident George W. Bush seit vier Monaten darauf, dass er ein Dringlichkeitsgesetz zur weiteren Finanzierung der Einsätze im Irak und in Afghanistan sowie zur Unterstützung der Opfer des Hurrikans "Katrina" unterzeichnen kann.
Was hat eine Eisenbahnstrecke mit dem Antiterrorkampf zu tun?
Der Grund für die Verzögerung: Der Senat übertraf in seiner Gesetzesversion von Bush gesetzte Ausgabengrenzen um 17 Milliarden Dollar - darunter eine Milliarde zur Unterstützung der Fischindustrie und 700 Millionen für die Verlegung einer Eisenbahnstrecke in Mississippi, was ebenso wenig mit dem Antiterrorkampf zu tun hat wie mit den Sturmfolgen. Eine Vetodrohung von Bush zwang im Vermittlungsausschuss zum Abspecken, und der Präsident hofft nun auf eine Schlussabstimmung in den nächsten Tagen.
Wurde der Senat in diesem Fall zum Maßhalten gezwungen, griffen die Kongressmitglieder Ende Mai umso tiefer in die Taschen ihrer Spendierhosen. 450 milliardenschwere Projekt-Zusätze wurden an ein Agrargesetz angehängt, darunter etwa 350.000 Dollar zum Studium der Wechselwirkung von Pampelmusensaft und Medikamenten, 17 Millionen für ein Rohrzucker-Forschungslabor und 6,4 Millionen zur Erforschung der Holznutzung in zehn Staaten. Was immer das bedeutet.
Wenig tröstlich: Auch die Kongressmitglieder selbst blicken nicht immer durch. Oft werden die Einzelprojekte nämlich heimlich während der Gesetzesberatung in den zuständigen Kongressausschüssen angehängt. Bei der Endabstimmung in ihren Kammern wissen häufig viele Senatoren und Abgeordnete nicht einmal, was sie da alles bewilligen.
Speck-Verteiler sollen öffentlich gemacht werden
Einen Silberstreif am Horizont gibt es indessen für Kritiker: Der Kongress hat in einem Anflug von Selbstkritik beschlossen, dass künftig stets die Namen der einzelnen "Speck-Verteiler" publik gemacht werden sollen. Schamgefühl, so hofft man nun bei den "Steuerzahlern für Vernunft", wird vielleicht den einen oder anderen Politiker davon abhalten, noch einmal eine Million Dollar zur Erforschung von "wasserfreien Urinierbecken" auszugeben - oder 13,5 Millionen zur Finanzierung eines "Welt-Toilettengipfels" in Irland.