STICHWORT Mazedonien: Vielvölkerstaat mit Problemen

Wie andere Nachfolgestaaten Jugoslawiens wurde auch die 1991 entstandene Republik Mazedonien in Nationalitätenkonflikte verstrickt.

Wie andere Nachfolgestaaten Jugoslawiens wurde auch die 1991 entstandene Republik Mazedonien in Nationalitätenkonflikte verstrickt. Offizielle Angaben über die Zusammensetzung der Bevölkerung stützen sich bis heute auf eine Volkszählung vom Juni 1994. Damals bezeichnete sich eine deutliche Mehrheit von 66,6 Prozent der damals 1,9 Millionen Einwohner als slawische Mazedonier. Der Volksgruppe der Albaner wurden amtlich 22,7 Prozent zugerechnet - zu wenig, behauptete damals wie heute die größte Minderheit, die ihren Anteil auf mehr als 30 Prozent veranschlagt.

Die anderen Minderheiten sind zahlenmäßig weitaus kleiner: Auf die türkischstämmigen Einwohner entfallen der alten Zählung zufolge 4, auf Sinti und Roma 2,2 Prozent. Mit 2,1 Prozent sind die einst im jugoslawischen Staatsverbund dominierenden Serben ebenfalls nur eine Randerscheinung. Der Rest kommt auf 2,4 Prozent.

Die albanische Volksgruppe bewohnt überwiegend den Westen und Nordwesten des kleinen Landes mit Tetovo als heimlicher Hauptstadt. In den anderen Landesteilen dominieren die slawischen Mazedonier. Die Albaner sehen sich als als Minderheit diskriminiert und verlangen von den Slawen, als gleichwertiges Staatsvolk anerkannt zu werden.

Ein strittiger Punkt ist in diesem Zusammenhang die Gleichberechtigung des Albanischen als Amtssprache. Den offiziellen Statistiken zufolge wird Albanisch von jedem Fünften der Mitte 2000 auf 2,041 Millionen Mazedonier geschätzten Gesamtbevölkerung gesprochen, während 70 Prozent sich auf Mazedonisch verständigen. Den Anteilen der Volksgruppen entspricht in etwa auch die Religionszugehörigkeit: Mazedonisch-Orthodoxe 67, Moslems 30 Prozent.

Heimliche Albaner-Hauptstadt Tetovo

Die heimliche Hauptstadt der albanisch-stämmigen Bevölkerung in Mazedonien ist Tetovo mit ihren etwa 100 000 Einwohnern. Nur etwa jeder zehnte Bürger sei slawisch-stämmig, sagen die Albaner. Das Verhältnis in der Stadt und im Umland sei vier zu eins zu Gunsten der Albaner, sagt die Regierung in Skopje. Es leben dort aber auch Türken und Roma. Die Stadt im Nordwesten des Balkanstaates ist Handelszentrum und kultureller Mittelpunkt mit einer offiziell nicht anerkannten albanischen Universität.

Nach der Hauptstadt Skopje ist Tetovo die zweitgrößte Stadt des Landes. Dort hat die Bundeswehr seit Dezember 1998 eine

Nachschub-Einheit für den Kosovoeinsatz im Rahmen der internationalen Friedenstruppe KFOR mit derzeit noch 400 Mann stationiert. Im März war eine Kaserne der Bundeswehrsoldaten von der UCK beschossen worden.

Die Stadt liegt am Rande des Sar Gebirges, wo die Türken die Burg Kale (Kala) als Bollwerk gegen die Slawen errichteten. Für die albanische Bevölkerung hat sie deshalb auch historische Bedeutung. Viele Moscheen in der Stadt im fruchtbaren und dicht bevölkerten Polog Tal stammen aus dem 17. Jahrhundert. Die Einwohner leben vornehmlich von Tabak-, Obst- und Gemüseanbau sowie Textil- und Bekleidungsindustrie.

In der Nähe von Tetovo liegt ein im 14. Jahrhundert erbautes Kloster mit Namen Lesok. Im Sar Gebirge wird auch Ski gelaufen. Von Tetovo aus können Wintersportler mit Bergbahn und mit dem Auto den Skiort Popova Sapka erreichen.