Türkei: Frauen kehren Erdogan den Rücken zu - Protest im Wahlkampf
Protestaktion im NetzTürkische Frauen kehren Erdogan den Rücken zu
Von Lisa-Marie Eckardt
2 Min.
Bei einem Wahlkampfauftritt haben Frauen dem türkischen Präsidenten Erdogan aus Protest ihre Rücken gezeigt. Weil der völlig ausflippte, verspottet das Netz ihn mit einer Flut aus Hinteransichten.
Ein schöner Rücken kann auch entzücken - sagt zumindest das Sprichwort. Doch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sieht das offenbar anders und wollte sich so gar nicht freuen über den Anblick, der sich ihm bei einem Wahlkampfauftritt im osttürkischen Igdir bot. Dort begrüßte ihn am Montag eine Gruppe Frauen, indem sie ihrem Präsidenten demonstrativ ihre Rückseite zukehrten und dabei das Victory-Zeichen machten.
Eigentlich bloß eine von vielen kleinen Gesten der Ablehnung, die Politiker täglich zu sehen bekommen. Doch Erdogan provozierte der Protest der Frauen offenbar dermaßen, dass er ihn zum Thema seines Auftritts machte: "Wenn Sie nur ein Minimum an Freundlichkeit, Ehre und Kompetenz hätten, wäre das Parlament der Ort für Politik", wies er die Frauen zurecht Den Türkinnen reichte es dann offenbar: Frauen aus dem gesamten Land reagierten, indem sie sich von hinten fotografieren ließen und die Bilder ins Netz stellten. Bei Twitter und Instagram posteten sie ihre Rückansichten unter dem Hashtag #SirtimiziDönüyoruz - zu Deutsch: "Wir drehen unsere Rücken". Dorf finden sich mittlerweile nicht nur Fotos von einzelnen Frauen oder Gruppen. Auch Männer machen mit. Bilder von Tieren, Karikaturen und Rücken aus der Kunst werden ebenfalls fleißig geteilt. Der Hashtag führte zeitweise die Twitter-Charts in der Türkei an und schaffte es weltweit bis auf Platz 3.
In der Türkei sind soziale Medien seit den Gezi-Protesten 2013 eine wichtige Plattform für den Protest gegen das zunehmend autoritäre Regime Erdogans. Als ein Stellvertreter Erdogans den Frauen das Lachen verbieten wollte, gab es eine Twitter-Kampagne mit lachenden Frauen. Im Netz machten sich die Türken lustig, als ein Fernsehsender statt der Gezi-Proteste lieber eine Pinguin-Doku gezeigt hatte und als der Energieminister eine Katze für einen stundenlangen Stromausfall während einer Wahlauszählung verantwortlich machte. Weil ihm Twitter zu lästig wird, verklagt Erdogan seine Kritiker dort regelmäßig und ließ die Plattform bereits mehrmals sperren.
Der Rücken-Protest kommt Erdogan gänzlich ungelegen. In der Türkei ist Wahlkampfzeit. Bei den Frauen in Igdir handelt es sich Medienberichten zufolge um Mitglieder der pro-kurdischen HDP, die bei den Wahlen am Sonntag die Regierungsmehrheit von Erdogans AKP bedroht. Als Präsident ist Erdogan zwar eigentlich parteilos und zu Neutralität verpflichtet – dennoch macht er Wahlkampf für die AKP.