Nach nur zwei Jahren im Kongress schreibt sie bereits amerikanische Geschichte. Erst 2018 wurden die ersten beiden indigenen Frauen überhaupt in das Repräsentantenhaus gewählt: Debra "Deb" Haaland und ihre Parteifreundin Sharice Davids. Jetzt bestätigte der Kongress Deb Haaland als neue Innenministerin im Kabinett von US-Präsident Joe Biden.
Das US-Innenministerium verwaltet das Land, weist unter anderem Naturschutzgebiete aus, ist für Ureinwohner-Reservate und auch für Bodenschätze verantwortlich. Haaland verschreibt sich insbesondere dem Klimaschatz – und dürfte einige Entscheidungen der Trump-Administration, die zum Beispiel die äußerst umweltschädliche Erdöl-Förderung "Fracking" betreffen, rückgängig machen.
Bei der Ansprache zu ihrer Nominierung fand sie deutliche Worte: "Dieser Moment ist bedeutungsvoll, wenn man bedenkt, dass ein ehemaliger Innenminister einst verkündete, es sei sein Ziel, uns 'zu zivilisieren oder auszurotten'. Ich bin ein lebendiges Zeugnis für das Scheitern dieser schrecklichen Ideologie." Haaland kommt aus dem US-Bundesstaat New Mexiko und gehört dem Stamm der Laguna Pueblo an, einem von rund 600 Stämmen, die über die USA verteilt leben.
"Ich werde für uns alle kämpfen – für unseren Planeten und unser geschütztes Land"
Laut Zensus identifizieren sich 5,2 Millionen US-Amerikaner als indigen, das sind rund zwei Prozent der Bevölkerung. Auch der Stamm der Laguna Pueblo besteht aus Nachfahren der Menschen, die über Jahrhunderte hinweg von europäischen Siedlern ermordet, vertrieben und immer wieder zur Umsiedlung gezwungen wurden. Dadurch leiden auch heute noch viele Indigene unter Armut und sind überproportional betroffen von der Klimakrise, Naturkatastrophen oder auch Krankheiten wie Covid-19. Erfahrungen, die auch das Leben von Deb Haaland prägten: "Mein Leben war nicht einfach, ich kämpfte mit Obdachlosigkeit, war auf Lebensmittelmarken angewiesen und zog mein Kind als alleinerziehende Mutter auf."
Diese Entbehrungen sind ihr Antrieb – und eine Perspektive, von der sie auch bei ihrer Arbeit im Kongress profitiert. Denn sie repräsentiert eine Gruppe von Menschen, die über Jahrhunderte nicht im US-Kongress repräsentiert wurden, wie sie der Washington Post sagte. Als Frau mit indigenen Wurzeln ging sie nicht einfach aufs College, wie es ein gängiger Ausbildungsweg für viele Amerikaner ist. Stattdessen zog sie als Kind einer Militärfamilie häufig um und arbeitete nach dem Highschool-Abschluss schon mit 14 in einer Bäckerei. Erst mit 28 Jahren studierte sie Englisch und brachte vier Tage nach dem Abschluss ihre Tochter zur Welt.
Sie promovierte an der University of New Mexiko, engagierte sich in der Kampagne von US-Präsident Barack Obama und wurde 2018 als demokratische Vertreterin von New Mexiko selbst in das Repräsentantenhaus gewählt. Nun trat sie ihre zweite Amtszeit an und kämpft zudem als neue Innenministerin für die Rechte der indigenen Bevölkerung – und für den Klimaschutz.
Ihre große Stärke: Mit den Republikanern zusammenarbeiten
Haaland ist stolz auf ihre Herkunft und will die USA gleichzeitig gut für die Zukunft aufstellen. Sie ist eine progressive Demokratin und thematisch häufig auf einer Linie mit der US-Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez. Es geht ihr um nichts anderes als das große Ganze, sagte sie der britischen Zeitung "The Guardian". Auch deshalb tritt sie für eine enge Zusammenarbeit mit der republikanischen Partei ein, eine Denkweise die auch Joe Biden sehr nahe sein dürfte. Nach eigener Aussage habe sie schon oft Republikaner:innen dazu gebracht, ihre Gesetzesentwürfe zu unterschreiben.
Sie sagt: "Ich werde auch weiterhin meine Hand über den Graben ausstrecken, um unsere Umwelt zu schützen und sicherzustellen, dass gefährdete Gemeinden ein Mitspracherecht bei dem haben, was unser Land in der Zukunft tut." Dieses große Vorhaben geht sie bereits an: So unterstützte sie Anfang des Jahres einen Gesetzesentwurf, der bis 2030 30 Prozent des US-Landgebietes und der Meere unter Naturschutz stellen soll. Präsident Biden stellte sich hinter sie. Und löst mit einer Besetzung wie Deb Haaland auch sein eigenes Versprechen ein, das bisher diverseste US-Kabinett aller Zeiten aufzustellen.
Quellen: "Washington Post" / "Zeit" / "Politico" / dpa / "The Guardian" / "ABC"