US-Razzia "Sie mähten alles nieder"

Es war wie in dem Wildwestfilm "Butch Cassidy und Sundance Kid": Kusai und Udai starben mit der Waffe in der Hand gegen einen übermächtigen Gegner. Erst sechs Stunden nach Beginn der US-Aktion in Mosul konnten die Leichen der Hussein-Söhne geborgen werden.

Der entscheidende Hinweis auf den Aufenthalt von Odai und Kusai Hussein kam nach Vermutungen der Nachbarn vom selben Mann, der die beiden bei sich aufgenommen hat. Wenn dies zutrifft, dann ist Scheik Nawaf el Sajdan Muhhamad, ein Cousin des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein, um die von den USA ausgesetzte Kopfprämie von zusammen 30 Millionen Dollar reicher.

Am Dienstagmorgen, gegen 06.30 Uhr Ortszeit verließen die Frau und die vier Töchter Muhhamads das stattliche Haus in Mossul - und kehrten nie zurück. Drei Stunden danach trafen US-Sodaten an der Haustür ein, klopften und forderten alle Anwesenden auf herauszukommen. Muhhamad und sein einziger Sohn Schalan kamen mit erhobenen Händen heraus, wie die Nachbarn berichten. Soldaten führten sie ab.

"Dann wurde es zu einer Schlacht"

Dann gaben die Truppen noch einmal über Lautsprecher auf Arabisch die Aufforderung ab, sich zu ergeben. Andernfalls müssten die verbliebenen Hausbewohner mit einem Angriff rechnen. Die Antwort waren Gewehrschüsse aus der oberen Etage. "Es begann als Schießerei, und dann wurde es zu einer Schlacht", berichtet der Nachbar Nasser Hasim. Weitere Soldaten trafen ein, schließlich waren es etwa 200 Mann. Zuletzt flogen Kiowa-Hubschrauber über das Haus. "Sie mähten alles nieder." Sechs Stunden nach Beginn der Aktion wurden die Leichen von Odai, Kusai und zwei weiteren Personen herausgetragen - vermutlich Kusais Sohn Mustafa und ein Leibwächter.

Und was ist aus Muhhamad geworden, der ihnen Zuflucht gewährt hat? Der amerikanische Oberst Joe Anderson sagt, der Informant sei in Schutzhaft genommen worden, und fügt als Begründung hinzu: "Die Leute wissen, wem das Haus gehört hat." Ob der Hausbesitzer denn auch der Informant gewesen ist, will der Offizier aber nicht sagen.

Immer offen zu den Nachbarn

Muhhamad war vor den Nachbarn immer offen über seine Beziehungen zu Saddam Hussein. Einmal ließ das Regime Muhhamads älteren Bruder ins Gefängnis werfen. Dabei soll es um einen Stammeszwist gegangen sein. Aber schon nach 18 Monaten der 17-jährigen Haftstrafe wurde er wieder freigelassen.

Muhhamad ist aus Tikrit, der Heimatstadt des Saddam-Hussein-Clans nach Mossul gezogen. Daher hatte seine Familie dort nicht viel Freunde. Abends saßen die Muhhamads oft vor dem Haus. Besucher aber gab es den Nachbarn zufolge kaum.

Es sei unvorstellbar, dass gerade der so sehr auf Luxus bedachte Odai aus seinem Palast in dieses Haus geraten sei, sagt Mohammad Abdullah. "Ich kann nicht glauben, dass wir Nachbarn waren!"

"Wir hätten das den Amerikanern nicht gesagt"

Wenn die Nachbarn sich auch sicher sind, dass der Hinweis auf den Aufenthaltsort der Herrschersöhne von Muhhamad gekommen sein muss - glücklich sind sie nicht darüber. "Sie sind Iraker", sagt Waad Hamadi. "Wir hätten das den Amerikanern nicht gesagt." Es gebe jetzt keine Möglichkeit mehr für Muhhamad, nach Mossul zurückzukehren. "Er ist ein Verräter."

Jamie Tarabay