Gegen Polizei und Armee setzen die jüdischen Siedler von Netzer Hasani im Gazastreifen auf göttliche Hilfe. Auf ihr in der Farbe des israelischen Widerstandes orangefarben gestrichenes Tor haben sie ein Spruchband mit einer religiösen Formel gehängt, das die für den Abzug eingesetzten Truppen auf Distanz halten soll. Als am Mittag die ersten Sicherheitskräfte anrücken, erschallt es aus einem Megafon: "Lasst unter keinen Umständen jemand durch."
Tatsächlich kehren die Uniformierten nach Verhandlungen mit den Siedlern wieder um. Triumphierend klatschen die orthodoxen Siedler in die Hände. Tanzend und singend begeben sie sich zusammen mit ihren für einen Protest angereisten Unterstützern zur Synagoge. Hinter den verschlossenen Toren und Barrikaden wird in Netzer Hasani und anderen Siedlungen als ein kleiner Sieg gefeiert, was die Polizei als weiche Linie im Umgang mit den Siedlern bezeichnete. Dennoch gab es viele tränenreiche Klagen über das Leid der Zwangsräumung.
"Netzer Hasani für immer"
Denn seit Montag ist die Präsenz der 8000 Siedler im Gazastreifen illegal. Die Behörden haben ihnen noch 48 Stunden Frist eingeräumt, ihre Häuser freiwillig zu verlassen. Dies wird in einem Schreiben der Militärbehörden erklärt, das Polizisten an die Siedler verteilen sollen. In mehreren Siedlungen ist die Lage aber so gespannt, dass die Sicherheitskräfte nicht einmal versuchen, von Haus zu Haus zu gehen und persönlich an die Türen zu klopfen. Am Mittwoch läuft die Frist ab. Dann kommt die Stunde der Wahrheit.
Anita Tucker, eine aus den USA stammende Siedlerin mit fünf Kindern und elf Enkeln, will es auf die Konfrontation ankommen lassen. Während Israel den als historisch bezeichneten Abzug beginnt, ist die 59-jährige um den Anschein völliger Normalität bemüht. "Erst am Freitag habe ich 150 Kisten Sellerie geerntet und 2000 Setzlinge gepflanzt", sagt sie. Nicht eine Tasche habe sie für den Abzug gepackt, sagt sie. "Netzer Hasani für immer", heißt es in der Siedlung.
Seit Wochen haben Armee und Polizei die Siedlungen abgeriegelt
In der Nacht zum Montag hatte sich am Grenzübergang Kissufim der Schlagbaum gesenkt, um israelischen Zivilisten jeden Zugang zum Gazastreifen zu versperren. Seit Wochen hatten Armee und Polizei die Siedlungen abgeriegelt. Trotzdem haben viele Gegner des Abzugs den Weg in den Gazastreifen gefunden. Nach unterschiedlichen Schätzungen könnten sich bis zu 7000 auswärtige Protestierer eingeschlichen haben, um den Sicherheitskräften eine Räumung zu erschweren.
Denn das politische Ringen drehe sich schon lange nicht mehr um den Abzug aus dem Gazastreifen allein, meinen israelische Kommentatoren am Montag. "Die Siedler haben ihr Veto-Recht verloren, das sie einst bei einer Evakuierung von Siedlungen hatten", schrieb die Tageszeitung "Jediot Achronot". Die Siedler kämpften mit aller Macht gegen den Abzug, weil es um ihr weiteres Schicksal gehe. "Die Logik, die zur derzeitigen Räumung von Siedlungen führt, wird auch zu Plänen für einen weiteren Abzug führen", schrieb das Blatt.