Bus und Bahn "Zu teuer" oder "ein Schnäppchen"? Das denken stern-Leserinnen und -Leser über das 49-Euro-Ticket

49-Euro-Ticket: S.-Bahn in München
Auch die S-Bahn in München soll mit dem 49-Euro-Ticket genutzt werden können
© Sven Hoppe / DPA
Gamechanger oder Rohrkrepierer? Vor allem am Preis für das geplante 49-Euro-Ticket scheiden sich die Geister – auch in der stern-Leserschaft. Diese Zuschriften erhielt die Redaktion.

Das 49-Euro-Ticket für Busse und Bahn soll kommen, möglichst schon ab 1. Januar – darauf haben sich Bund und Länder unlängst geeinigt. Doch ob es tatsächlich ein solcher Erfolg wird wie das 9-Euro-Ticket im Sommer, ist ungewiss. Sozial- und Umweltverbände kritisieren vor allem den als zu hoch empfundenen Preis: Zu viel, um Autofahrende zum Umsteigen auf den Öffentlichen Personennahverkehr zu bewegen, zu teuer für ärmere Menschen.

Eine jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die "Bild"-Zeitung gibt den Kritisierenden offenbar recht: Demnach bewerten zwar 65 Prozent der Befragten das geplante Angebot als gut oder sehr gut. Fast die Hälfte gibt allerdings an, es nicht nutzen zu wollen.

49 Euro-Ticket – das ist geplant

Darauf haben sich Bund und Länder bei der letzten Konferenz der Verkehrsministerinnen und -minister in Bremerhaven geeinigt:

  • monatlicher Preis: 49 Euro pro Person, nicht übertragbar
  • bundesweite Gültigkeit im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in der 2. Klasse; Fernzüge und -busse sind ausgenommen
  • erhältlich nur im monatlich kündbaren Abonnement
  • Verkauf ausschließlich als digitale Fahrkarte
  • angestrebter Starttermin: 1. Januar 2023
  • Überprüfung des Angebots nach zwei Jahren

Mehr zum Beschluss der Verkehrsministerinnen und -minister lesen Sie hier.

Unter den stern-Leserinnen und -Lesern, die der Redaktion geschrieben haben, herrscht ein differenziertes Meinungsbild zum 49-Euro-Ticket.

Das sagen Leserinnen und Leser des stern zum 49-Euro-Ticket

Michael Zachau: "Das Ticket ist unbestreitbar eine Erleichterung im Tarifdschungel, es wird für viele die monatlichen Kosten senken (vor allem weil man tarifbereichübergreifend fahren kann) aber eines wird es nicht: Menschen dazu bewegen, das Auto stehen zu lassen. Dazu ist es zum einen nur im Abo erhältlich – was soll ich damit, wenn ich es nur ab und zu brauche? – und zum anderen für die drei oder vier Mal einfach zu teuer. Das Parkhaus in der nächstgelegenen Stadt ist billiger. (...). Dabei wäre 365-Euro-Ticket ('nur ein Euro pro Tag') eine auch psychologisch wertvolle Alternative gewesen."

Manfred Krause: "Als autofahrender Rentner halte ich 49 Euro für zu teuer! 29 Euro wären gut und würden für viele Menschen eine willkommene finanzielle Unterstützung darstellen."

Philip Flick: "49 Euro ist (...) eine massive Vergünstigung und – sind wir mal ehrlich – für einen komplett deutschlandweiten Nahverkehr eine günstige Option. Statt dies noch weiter auf 9 Euro zu vergünstigen, wünschen sich die Menschen auf dem Land viel eher, die dadurch ersparten Milliarden in den Ausbau von Strecken, Verbindungen sowie Personal zu investieren,  um überhaupt in den Genuss des ÖPNV zu kommen. Leider ist dieses Bild allen Menschen in Ballungsgebieten, die zehnminütlich eine Bahn nehmen können, fremd. (...) Daher finde ich persönlich das Ticket genauso wie es gestaltet ist, recht ansprechend."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Jürgen Schön: "Das 49-Euro-Ticket ist für Rentner mit wenig Rente nicht zahlbar. Von den 49 Euro muss ein Rentner eine Woche leben. Warum gibt es denn nicht ein Sozialticket für Rentner, die keine Rente über 1000 Euro haben?"

Video: Bahn frei für 49-Euro-Ticket
Bahn frei für 49-Euro-Ticket

Birgit Hellthaler: "Die Abo-Funktion (...) finde ich komplett abschreckend und der Preis ist eindeutig viel zu hoch! (...) Für neun Euro allerdings hätte ich das Ticket schon rein aus Solidarität gekauft (um die Finanzierung zu stützen und mein grundsätzliches Interesse zu vermitteln) und dann eben für andere Fahrten verwendet (Stadtbummel, Arztbesuch etc.) bzw. für die Straßenbahn in Leipzig. (...) Etwas mehr Mut hätte uns allen gutgetan."

Alex P.: "Ich finde das 49-Euro-Ticket klasse, damit erspare ich mir 110 Euro vom jetzigen Preis oder es fällt das Autofahren durch die Stadt oder der tägliche Kampf um freie Parkplätze weg."

Martin Wegner: "Und Mal wieder sucht der Autor (dieses Kommentars; Anm. d. Red.) das Haar in der Suppe. Aber warum ist eine Gesellschaft eigentlich gezwungen, jedem Digitalisierungsverweigerer ein Papierticket hinterherzutragen? Und warten wir doch einfach mal ab, ob es doch den unvorstellbaren Fall geben könnte, dass ein Hamburger seine Stadt verlassen möchte, um sich mal in Deutschland umzuschauen."

Sibilla Hoche: "Für Menschen mit kleiner Rente (Erwerbsminderungsrente) sind 49 Euro zu teuer. Das wären für mich und meinen Partner fast 100 Euro. Das können wir uns nicht leisten."

Andreas Voigt: "Was mir am 49 Euro pro Monat Ticket in Deutschland fehlt, ist meines Erachtens Folgendes: keine Reduktion für Bedürftige; keine Steuervorteile für Firmen, die das Ticket ihren Mitarbeitern oder Angestellten subventionieren möchten; keine offensichtlichen Anpassungen der Bus-/Zugfahrpläne. (...) Für Deutschlandurlauber mit viel Zeit im Gepäck ist dies allerdings ein echtes Schnäppchen."

Claudia Sassenberg: "Der Ticketpreis von 49 Euro ist zu hoch. Das Nervigste daran ist jedoch das Abo."

Thomas Berger: "Für mich konkret ist das ein Schnäppchen im Vergleich zu heute. Ich bin Wochenendfernpendler ohne Auto. Alle zwei Wochen pendle ich ins Büro, die andere Zeit bin ich zu Hause und nutze dort den ÖPNV. Heute habe ich ein Abo für 760 Euro im Jahr plus etwa 10 Einzelfahrten am Büroort zu je 2,70 Euro pro Monat, sprich etwa 900 Euro im Jahr. Ich fahre auch noch sehr oft in andere Verbünde, sodass das 49-Euro-Ticket das auch vereinfachen wird."

Betty: "Das kann nur klappen, wenn wir mehr Züge in kürzerer Taktung fahren lassen. Selbst im Ballungsgebiet ist eine Taktung von 30 Minuten und mehr nicht nur eine Seltenheit. Zehn-Min-Takt ist auf vielen Strecken und zu bestimmten Zeiten schon Pflicht. (...) Die 49 Euro ist schon die unterste Grenze solange wir nicht ausreichend Züge und Personal haben."

Marek Wolk: "Ich erhalte aufgrund Von Krankheit Geld vom Staat. Als das 9-Euro-Ticket aufkam, verreiste ich viel, fuhr nach langer Zeit wieder raus aus der Großstadt, in der ich lebe. So habe ich unterwegs in Supermärkten eingekauft, auf öffentlichen Bänken meine Brote belegt, und mir günstig einen Kaffee gekauft und auch den im öffentlichen Raum getrunken, um Geld zu sparen. Ich hab' einiges gesehen, dafür bin ich dankbar, es hat mir sehr gutgetan. In mir steckt noch die Lethargie aus den zwei Lockdownjahren, mich hat die Zeit nachhaltig ausgebremst. Das Ticket hat mich vorübergehend da rausgeholt. Wenig Geld zu haben bedeutet auch, wenig Spielraum zu haben bei der Freizeitgestaltung, besonders bei Ausflügen und Reisen. (...) Warum wird beim 49-Euro-Ticket nicht sofort die Ermäßigung für Einkommensschwache mitgeplant? (...) Jetzt ist wieder das Gefühl der Enttäuschung da. Ich zähle nicht, denke ich."

Klaus-Peter Seeger: "49 Euro ist für meinen persönlichen ÖPNV-Bedarf im Monat zu teuer, die Reichweite würde ich eigentlich nie nutzen. Preis runter, Reichweite in die benachbarten Verkehrsverbünde würde mir reichen."

Shaman Arithu: "49 Euro sind für eine Bäckereifachverkäuferin bei einem Nettogehalt von 1300 Euro kaum zu stemmen. Denn die Miete frisst allein 800 Euro (wenn sie Glück hat), und sonstige Nebenkosten fressen den Rest. Was dann zum Leben übrig bleibt, liegt sogar unter dem aktuellen Eckregelsatz. Mit dem muss dann nicht nur die Sauberkeit der Wohnung garantiert werden, sondern auch noch irgendwie gelebt werden. Eine solche Bäckereifachverkäuferin wird sich dieses Ticket nicht leisten können, selbst wenn sie es braucht."

Hans Peter Preuß: "Das Ticket ist zu teuer und nur für Stadtmenschen geeignet!"

André A.: "Was ist mit den Menschen, die auf dem Land wohnen? Bekommen die jetzt auch für 49 Euro den Sprit für einen Monat, um auf Arbeit zu fahren?"

wue