9-Euro-Ticket-Nachfolger Das 49-Euro-Ticket ist ein großer Wurf, aber ...

Fahrkartenautomaten dürften bei einer Einführung des 49-Euro-Tickets für die meisten Menschen überflüssig werden
Fahrkartenautomaten dürften bei einer Einführung des 49-Euro-Tickets für die meisten Menschen überflüssig werden
© Sebastian Kahnert / DPA
Mit dem 49-Euro-Ticket einen Monat lang quer durchs Land mit Bus und Bahn fahren – das klingt nach einer guten Idee. Und ist es auch. Vollends überzeugt ist unser Autor trotzdem nicht.

Von einem "Gamechanger" war am Rande der Konferenz der Verkehrsministerinnen und -minister, auf der das Nachfolge-Angebot für das 9-Euro-Ticket erarbeitet wurde, die Rede.

Und keine Frage: Das 49-Euro-Ticket, wenn es denn tatsächlich kommt, ist ein großer Wurf. Zumindest für diejenigen, die es nutzen werden, hat die Tarif-Kleinstaaterei im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) dann ein Ende. Potenziell ist das Angebot sogar ein erster Schritt in Richtung eines in ganz Deutschland einheitlichen Tarifs für Busse und Bahnen.

49-Euro-Ticket hat drei Nachteile

Doch das Angebot krankt an drei Stellen: So soll es ausschließlich im Abo angeboten werden. Das soll zwar monatlich kündbar sein, aber die vorgesehene automatische Verlängerung Monat für Monat macht es unnötig kompliziert. Hier sollten die Verantwortlichen nachbessern und den Kundinnen und Kunden die Wahl lassen: einmalig oder im Abo.

Außerdem soll das Ticket ohne Not nur digital angeboten werden, somit ist eine – zugegebenermaßen kleine Gruppe von Menschen – von der Nutzung ausgeschlossen, Ältere beispielsweise, aber auch jene, die ein Recht auf ein analoges Leben einfordern. Der Smartphone-Zwang dürfte noch zu einer vermeidbaren Diskussion führen.

Der größte Nachteil des 49-Euro-Tickets aber ist ein anderer: Es ist immer noch zu teuer. Der große Erfolg des 9-Euro-Tickets beweist, dass es vor allem ein günstiger Preis ist, der Menschen in großen Mengen zum Umsteigen auf Bus und Bahn bringt. Dann sind sie – zumindest in der zweiten Klasse – auch bereit, Komforteinbußen wie unklimatisierte Waggons oder Stehplätze in Kauf zu nehmen. Die lange von Verkehrsbetrieben und Politikern vorgetragene Mär, wonach der Fahrkartenpreis für die ÖPNV-Nutzerinnen und -Nutzer zweit- oder gar drittrangig sei und es ihnen vielmehr um moderne Fahrzeuge und andere "Qualitätskriterien" gehe, ist damit widerlegt. Das 9-Euro-Ticket war vor allem so beliebt und erfolgreich, weil es eben nur neun Euro gekostet hat.

Angebot soll nach zwei Jahren überprüft werden

Um mit Bus und Bahn in die stern-Redaktion zu kommen, muss ich beim Hamburger Verkehrsverbund monatlich 58,50 Euro zahlen. Ich spare durch das 49-Euro-Ticket also nicht einmal zehn Euro im Monat. Gewiss: Das ist ein Einzelfall und viele Menschen zahlen deutlich mehr für ein ÖPNV-Abo. Andere aber auch weniger. Und: Mit dem neuen Angebot könnte ich auch per Regionalzug nach München fahren oder in Leipzig mit der Straßenbahn, aber seien wir ehrlich: Wie häufig kommt das tatsächlich vor ...

Werden sich für wenige Euro Ersparnis wirklich signifikant viele Autofahrerinnen und Autofahrer zum Umsteigen auf den ÖPNV bewegen lassen? Ich glaube: nein. Zumal 49 Euro im Monat für viele Menschen mit wenig Einkommen immer noch eine Menge Geld ist. 

Ich meine, ein 365-Euro-Ticket für das ganze Jahr oder ein 29-Euro-Ticket im Monat (was unterm Strich fast auf dasselbe hinausläuft), wären gute Angebote. Doch es wird wahrscheinlich anders kommen. Nach zwei Jahren Laufzeit soll das 49-Euro-Ticket überprüft werden. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich das Ergebnis vorzustellen: Der Preis wird steigen – oder das Angebot wird ganz abgeschafft. Beides wären falsche Signale.

Dass das 49-Euro-Ticket unter diesen Umständen tatsächlich zum "Gamechanger" wird, darf bezweifelt werden. Aber ein Schritt in die richtige Richtung ist es allemal.

Uns interessiert Ihre Meinung zum 49-Euro-Ticket. Eine Auswahl der Zuschriften wollen wir (auf Wunsch auch anonym) veröffentlichen. Schreiben Sie uns: leseraufruf@stern.de.