Altersteilzeit Genossen, hört auf Müntefering!

  • von Hans Peter Schütz
Der beginnende Wahlkampf vernebelt der SPD offenbar die Köpfe - anders lässt sich ihre Rolle rückwärts bei der Altersteilzeit nicht erklären. Denn die geplante Renaissance der Frühverrentung wäre angesichts der demografischen Entwicklung ein schwerer Fehler - und nicht finanzierbar. Die Genossen sollten sich an der Politik ihres Ex-Chefs Franz Müntefering orientieren.

Für wie vergesslich hält die SPD-Führung eigentlich die Menschen? Sie kann doch nicht allen Ernstes davon ausgehen, dass sich niemand mehr daran erinnert, wie ihr damals wichtigster Genosse, der Vizekanzler Franz Müntefering, 2005 den Rentenbeginn mit 67 Jahren durchgeboxt hat. Die Idee war richtig. Immer weniger Arbeitnehmer müssen in Zukunft immer mehr Rentner finanzieren. Der Widerstand der Gewerkschaften gegen die Rente mit 67 war und ist falsch. Die Behauptung, es würde damit jüngeren Arbeitnehmern der Zugang zum Arbeitsmarkt versperrt, ist faktisch längst widerlegt. In vielen Branchen fehlt inzwischen der Nachwuchs.

Ausnahmen in bestimmten Branchen sinnvoll

Dass die SPD jetzt dennoch wieder die frühere Rente thematisiert, kann vor diesem schlichten Hintergrund nur damit erklärt werden, dass der beginnende Wahlkampf 2009 ihr bereits heute die Köpfe vernebelt. Leider schon zum zweiten Mal bei diesem Thema. Anstatt - wie 2005 beschlossen - sich zu bemühen, ältere Arbeitnehmer länger im Job zu halten, hat sie (unterstützt von der CDU) den Bezug von Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose verlängert. Sie werden dadurch aus dem Arbeitsmarkt heraus geschmuggelt. Das war eine Ohrfeige für den Exkanzler Schröder und dessen Agenda 2010.

Es steht völlig außer Frage, dass in bestimmten Branchen mit schwerster körperlicher Beanspruchung kranke und ausgebrannte Arbeitnehmer auch künftig vorzeitig in Rente geschickt werden müssen. Nicht akzeptabel ist jedoch, wenn immer mehr Beschäftigte in Altersteilzeit gehen, die ihr Arbeitsleben lang in klimatisierten Büros am Schreibtisch gesessen und überdurchschnittlich verdient haben. Mit dem Prinzip der Rente mit 67 ist diese Entwicklung, auf die die Rentenversicherung zu Recht hinweist, überhaupt nicht zu vereinbaren. Und vollends absurd wird die Aktion, wenn gleichzeitig Beschäftigten schon mit 60 und nicht erst wie jetzt üblich mit 63 der Weg in die Teilrente erlaubt werden soll.

Senkung des Arbeitslosenbeitrags kaum noch finanzierbar

Teuer ist der falsche Weg außerdem: 1,4 Milliarden Euro kostet er bereits jetzt. Würde durch den SPD-Plan der Bundesanstalt für Arbeit jetzt noch mehr zugemutet werden, stellt sich die Frage, wie denn die versprochene Senkung der Arbeitslosenversicherung von 3,3 Prozent auf 3,0 Prozent finanziert werden soll. Die nimmt der Bundesanstalt mindestens vier Milliarden Euro. Und die von der SPD gewünschte Verlängerung der Alterszeit weit über das Jahr 2009 hinaus kostete ebenfalls Milliarden.

Niemand hindert schließlich Gewerkschaften und Arbeitgeber daran, miteinander für bestimmte Betriebe und Branchen Ausnahmeregelungen auszuhandeln. Dann dürfte sicher sein, dass die unbedingt notwendige Frühverrentung auch jenen zugute kommt, die sie sich durch besondere körperliche Belastungen hart verdient haben. Dass dies teilweise zu etwas niedrigeren Lohnerhöhungen für die Aktiven führen könnte, liegt auf der Hand. Das Recht, dafür auch einen Arbeitskampf zu riskieren, darf man beispielsweise der IG Metall nicht absprechen. Der Konflikt muss ausgetragen werden, weil es für bestimmte Fälle eine Anschlussregelung über das Jahr 2009 hinaus geben muss.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Keine staatliche geförderte Altersteilzeit

Was jedoch die SPD propagiert, ist der pauschale Rückmarsch in die von den Steuerzahlern finanzierte Frühverrentung. Man wünscht sich sehr, dass der politische Frührentner Müntefering seinen Genossen laut und unmissverständlich zuruft, dass es ein Ende haben muss mit der staatlich geförderten Altersteilzeit. Selbst der Kampf gegen die Linkspartei rechtfertigt derart unsinnige Aktionen der SPD nicht.