Altersvorsorge Rentenversicherer richten sich auf Ärger ein

Die Rentenversicherer machen sich auf Widersprüche und Klagen gefasst: Millionen Rentner erfahren in diesen Tagen, wie viel weniger Geld sie durch den Abzug des vollen Pflegebeitrags und geänderte Krankenkassenbeiträge ab 1. April bekommen.

Die Rentenversicherer machen sich auf Widersprüche und Klagen gefasst: Millionen Rentner erfahren in diesen Tagen, wie viel weniger Geld sie durch den Abzug des vollen Pflegebeitrags und geänderte Krankenkassenbeiträge ab 1. April bekommen. Die individuell unterschiedliche Kürzung des Auszahlungsbetrags wird nach Angaben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte im Regelfall unter einem Prozent der Bruttorente liegen. Dies werde "viel Verärgerung" auslösen, sagte BfA-Direktor Klaus Michaelis am Montag voraus.

Bescheide über Renten-Notprogramm

Derzeit erhalten 19 Millionen Betroffene Bescheide darüber, wie sich das Renten-Notprogramm für sie auswirkt. Die Versicherer erwarteten Widersprüche in großer Zahl, sagte Michaelis. Mit Organisationen wie dem Sozialverband (SoVD), die Klagen bis zum Bundesverfassungsgericht angekündigt haben, wolle man sich auf Musterverfahren verständigen. Der volle Abzug des Pflegeversicherungsbeitrags macht den Angaben zufolge 0,85 Prozent der Bruttorente aus. Bei etwa fünf Millionen Rentnern, deren Krankenkasse zum 1. Januar ihre Beiträge gesenkt hat, gleicht sich das teilweise aus. Die meisten Kassen haben am Beitragssatz nichts geändert, so dass es für 13 Millionen Rentner bei den 0,85 Prozent bleibt. Rund 100 Kassen haben jedoch ihre Beiträge erhöht, was für eine Million Ruheständler eine zweifache Mehrbelastung bedeutet.

Nullrunde wirk sich wenig dramatisch aus

Die Nullrunde 2004 wirkt sich der BfA zufolge weniger dramatisch aus als erwartet: Wegen der schwachen Lohnentwicklung 2003 hätte es in Ostdeutschland ohnehin nur eine Erhöhung von 0,1 Prozent gegeben, in Westdeutschland wäre sogar erstmals eine "Minusanpassung" um 0,1 Prozent fällig gewesen. Der Beitragssatz soll als Folge der Reformen bis 2007 stabil bei 19,5 Prozent bleiben und bis 2030 nur auf 22 Prozent steigen. Das Finanzpolster der Rentenkasse war Ende 2003 um 900 Millionen größer als zunächst geschätzt und entsprach mit 0,48 Monatsausgaben gut der vorgegebenen Schwankungsreserve.

Engpass nicht ausgeschlossen

Ende 2004 wird eine Schwankungsreserve von etwa 0,28 Monatsausgaben erwartet, wie BfA-Vorstandsvorsitzender Christian Zahn erklärte. Damit würde der nochmals herabgesetzte Mindestwert von 0,2 Monatsausgaben um 1,2 Milliarden Euro übertroffen. Von den wirtschaftlichen Annahmen der Bundesregierung ausgehend, sei die Rentenauszahlung in jedem Monat gesichert. Bei ungünstigerer Entwicklung aber wäre ein Liquiditätsengpass im November nicht auszuschließen und es müsste ein Bundesdarlehen aufgenommen werden, mahnte Zahn. Das Sozialministerium nannte derartige Warnungen überflüssig. Es gebe keinen Grund, an der Finanzentwicklung der Rentenversicherung zu zweifeln, erklärte Sprecher Klaus Vater. CDU-Experte Andreas Storm nannte es peinlich, dass kurz nach Verabschiedung der Rentenreform von einer "Rente auf Pump" gesprochen werde.

Warnung vor weiteren Einschnitten

Nachdrücklich warnte Zahn vor weiteren Leistungseinschnitten. Inzwischen sei ein Punkt erreicht, an dem eine weitere Senkung des Rentenniveaus nicht mehr möglich sei, wenn das System weiterhin akzeptiert werden solle. Wenn die Versicherten den Eindruck hätten, dass die Rente das Sozialhilfeniveau nicht mehr überschreite, dann würden sie Wege finden, Beitragszahlungen zu vermeiden. Zahn begrüßte die Festschreibung eines Mindest-Niveaus, bei dessen Unterschreitung die Politik eingreifen müsse. Allerdings hätten auch damit die heute 30- oder 40-Jährigen immer noch keine Sicherheit, "auf was sie sich für das Jahr 2030 und danach einstellen müssen". Zahn forderte sie dringend zu einer ergänzenden Zusatzvorsorge auf, wenn sie im Alter ihren Lebensstandard halten wollten.

DPA