Wie schön, dass es Frauen gibt, die ihnen angetraute Spitzenpolitiker immer mal wieder ordentlich erden und nicht nur anhimmeln. Die Frau Marga des künftigen bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein, eine Volksschullehrerin, scheint ihren Mann jedenfalls mit der gebotenen Nüchternheit zu sehen - zumindest wenn man das danach beurteilt, was ihr Günther zuweilen Berliner Journalisten mitzuteilen beliebt.
Dass seine Frau ihm beispielsweise im Zusammenhang mit der Affäre Seehofer mitgeteilt habe, sie würde ihn im vergleichbaren Fall vermutlich nicht zurücknehmen. Er lege, sagt Beckstein, größten Wert auf das Urteil seiner Frau. Er vertraue ihr ganz und gar und deswegen könne sie ihn auch in aller Schärfe kritisieren. Und warnen!
Hans Peter Schütz
Worüber redet das politische Berlin, wenn die Kameras ausgeschaltet sind? stern-Autor Hans Peter Schütz hört hin und notiert wöchentlich den neuesten Tratsch aus der Hauptstadt - exklusiv auf stern.de lesen Sie seine Kolumne "Berlin vertraulich!"
Nicht nur das. Sie bringt ihren Günther zuweilen mit raffinierter Frauenpower auf ihre Linie. Etwa damals, als sich das erste von drei Kindern bei Becksteins anmeldete. Da habe er ihr vorsichtig vorgeschlagen, sie müsse ja jetzt wohl - leider, leider - zuhause bleiben. "Aber klar," habe ihm Marga geantwortet, "und dann ist auch ausgemacht, dass du unter der Woche um 17 Uhr zuhause bist." Daraufhin, so Beckstein, "war ich einverstanden, dass meine Frau weiterhin berufstätig bleibt." Sie ist dies bis heute. Und dabei ist eigentlich eine Mehrheit in der CSU dagegen, zumindest behaupten dies männliche CSU-Politiker im Abwehrkampf gegen das ihnen neuerdings zugemutete "Wickelvolontariat."
Ein anderes positives Beispiel ist in diesem Zusammenhang Roswitha Beck, Gattin des SPD-Vorsitzenden Kurt. Die schon mal locker daherplaudert, über den Ehrgeiz ihres Mannes, Kanzlerkandidat zu werden, "ist das letzte Wort noch nicht gesprochen." Mit Berlin hat es Roswitha sowieso nicht so sehr. Gerne geht sie dort shoppen. "Aber ich habe immer das Gefühl, dass alles so unehrlich und übertrieben ist." Das alles sei "ihr eine Spur zu hoch." Daher bleibt sie am liebsten in ihrem Friseursalon in Bad Bergzabern, was sich keineswegs so ausspricht, wie hier geschrieben steht, sondern "Battbärgzabere." Roswitha zeichnet verantwortlich für Becks Haarschnitt und nennt die Frisur "kurz und flott". Spekulationen gehen dahin, dass sie ihm den nur verpasst habe, um seine Chancen bei der nächsten Bundestagswahl möglichst bescheiden zu halten.
Nicht wenige in der CDU trauern dem Tag entgegen, an dem die schwesterliche CSU sich endlich zur Nach-Stoiber-Formation aufgestellt hat. Es lästert sich schließlich so schön darüber, wie in der bayerischen Staatspartei jeder jeden belauert und ihm keinen Millimeter über den politischen Weg traut. Typisch, so erzählen die informierten CDU-Mannen in Berlin grienend, sei mal wieder die letzte Sitzung des CSU-Vorstands gewesen. Es ging dabei um den Ablauf des zweitägigen CSU-Parteitags Ende September, auf dem der neue Ministerpräsident und der neue CSU-Vorsitzende gewählt werden sollen.
Stoiber schlug vor, die Personalfragen am zweiten Tag zu regeln: Erst solle der CSU-Chef, danach der Ministerpräsident gewählt werden. Dagegen machte die bayerische Landtags-Vizepräsidentin Barbara Stamm, eine eingeschworene Stoiber-Gegnerin, unverzüglich Front. Besser sei es, am ersten Tag den Posten des Ministerpräsidenten zu besetzen, für den Günther Beckstein vorgesehen ist. Am zweiten Tag könne dann das Amt des CSU-Vorsitzenden vergeben werden, um das sich Horst Seehofer und Erwin Huber bewerben. Hintergrund des Gerangels: Einige in der CSU befürchten allen Ernstes, "wenn der Seehofer am ersten Tag gewählt wird, könnte er ja am zweiten Tag Edmund Stoiber erneut als Ministerpräsidenten vorschlagen." Wie man sieht, das Misstrauen der Parteifeinde ist grenzenlos. Dabei hat Seehofer eigentlich keine Chance nicht.
Auf dem Berliner Nachrichtenmarkt war Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee dieser Tage mit vielen Schlagzeilen vertreten. Erst hat er Baden-Württembergs CDU-Ministerpräsident Günther Oettinger zu einem Vertrag für den Neubau eines unterirdischen Bahnhofs in Stuttgart und zum ICE-gerechten Ausbau der Bahnstrecke zwischen Stuttgart und Ulm genötigt, bei dem die Schwaben eine Milliarde mehr mitzahlen müssen, als sie eigentlich wollten. Dann hat er die Bahnreform durchs bereits sommermüde Kabinett gebracht, auch wenn das Konzept parteiübergreifend kritisiert wird und niemand weiß, was der Bundesrat im Herbst aus dem Projekt macht.
Dem bescheidenen bundespolitischen Ansehen des ehemaligen Oberbürgermeisters von Leipzig hat das alles nicht aufgeholfen, am wenigsten bei den eigenen Genossen. Wenn es auch nur ansatzweise eine Alternative zu Tiefensee als dem ranghöchsten Ostpolitiker gebe, so murmeln sie in der SPD-Spitze, "dann wäre der längst weg." Was ihm vorgeworfen wird: Miserable Personalpolitik, Versagen als Beauftragter für den Aufbau Ost. "Wenn wir dem mehr zutrauen würden," sagt einer aus der SPD-Spitze, "dann hätten wir ihn natürlich zu einem der drei stellvertretenden SPD-Vorsitzenden gemacht." Aber SPD-Chef Beck hat darauf nicht mal einen halben Gedanken verwandt.