Möglichst vor Amtsantritt Krisenstab, Expertenrat, partielle Impfpflicht: Wie die Ampel-Koalition gegen Corona vorgehen will

Ein weißer Mann mit Halbglatze steht in Anzug und Krawatte vor einem hellblauen Hintergrund und spricht
© Michael Kappeler / DPA
Sehen Sie im Video: Olaf Scholz verkündet das Zustandekommen der Ampel-Koalition.




Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagt am 24. November 2021 in Berlin: "Meine wichtigste Botschaft dazu lautet: Die Ampel steht. SPD, Grüne und FDP haben sich in den Verhandlungen auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag verständigt und damit auf ein neues Regierungsbündnis. Diesen Vertrag legen wir nun unseren Parteien zur Abstimmung vor. Und wir werben intensiv dafür, dass alle drei Parteien diesem Vertrag in den nächsten zehn Tagen zustimmen werden. Unser Ziel ist, das erste Bündnis von Rot, Grün und Gelb auf Bundesebene zu führen. Eine Koalition auf Augenhöhe mit drei Partnern, die ihre Stärken einbringen zum Wohle unseres Landes. Uns eint der Glaube an den Fortschritt und daran, dass Politik etwas Gutes bewirken kann. Uns eint der Wille, das Land besser zu machen, es voranzubringen und es beisammenzuhalten. Es geht uns nicht um eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern um eine Politik der großen Wirkung. Wir wollen uns etwas zutrauen beim Klimaschutz, beim Umbau unserer Industrie, bei der Modernisierung des Landes, bei der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Wir wollen mehr Fortschritt wagen. Mit Ehrgeiz und Beharrlichkeit werden wir unser Land zum Vorreiter beim Klimaschutz machen. Mit dem konsequenten und zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, mit einer Beschleunigung des Planungsrechts. Die Industrie unterstützen wir beim Umstieg auf klimaneutrale Produktion. Spitzentechnologie made in Germany wird es auch in Zukunft geben. Ich bin froh, dass wir miteinander vereinbart haben, den Mindestlohn in einem Schritt auf 12 Euro zu erhöhen, wie ich es angekündigt habe. Das bedeutet eine Gehaltserhöhung für 10 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Wir führen die Kindergrundsicherung ein, die Armut verhindern und bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen wird. Zugleich halten wir die Rente wie versprochen stabil und entwickeln sie fort. Und wir haben miteinander vereinbart, im Kampf gegen hohe Mieten den Wohnungsbau voranzutreiben, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 100.000 öffentlich gefördert, werden wir bauen. Die Modernisierung unseres Landes gibt es nicht zum Nulltarif. Wir werden massiv investieren, um Deutschland in der Weltspitze zu halten. Diese Investitionen haben wir miteinander vereinbart und dabei werden wir die Schuldenbremse einhalten, die im Grundgesetz garantiert ist."
Mit der Vorstellung des Koalitionspapiers verkündeten die Ampel-Parteien auch eine Veränderung im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Zentraler Punkt: Einrichtung eines ständigen Krisenstabs.

Im Kanzleramt soll möglichst noch bevor die Ampel-Regierung ihr Amt antritt, ein Krisenstab zur eingerichtet werden. Das verkündete der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bevor er auf das Koalitionspapier von SPD, Grünen und FDP einging.

Im einzelnen kündigte Scholz an:

Einrichtung eines ständigen Corona-Krisenstabs. Dabei soll es sich um ein Bund-Länder-Gremium handeln. 

Einsetzen eines Expertengremiums. Das Gremium soll täglich an die künftige Regierung berichten. Die Mitglieder sollen aus der Virologie, Epidemiologie, Soziologie und Psychologie kommen. Scholz erhofft sich zeitnahe "präzise ausdiskutierte Vorschläge", wie in der Pandemie vorzugehen sei. Es gehe darum, Entscheidungen nicht vor sich herzuschieben, sondern zu treffen.

Impfkampagne massiv vorantreiben. Dies soll durch mobile Impfteams geschehen. Corona-Impfungen sollten künftig auch in Apotheken möglich sein. Auch einen unterstützenden Einsatz der Bundeswehr "halte ich für richtig". 

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Corona: Eine Milliarde für Bonuszahlungen in der Pflege

Bonuszahlung für Pflegekräfte. Die in der Pandemie besonders geforderten Pflegekräfte in Krankenhäusern und Heimen sollen einen Bonus erhalten. Dafür werden, so Scholz, "erst einmal" eine Milliarde Euro bereitgestellt.

Partielle Impfpflicht. "In Einrichtungen, in denen besonders vulnerable Gruppen betreut werden, sollten wir die Impfung verpflichtend machen", kündigte Scholz an. Eine Ausweitung hin zu einer allgemeinen Impfpflicht müsse je nach Lage geprüft werden.

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Scholz betonte ebenso wie Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP), dass es den Ampel-Parteien bewusst sei, dass sie die Regierungsverantwortung in einer Krisensituation übernehmen. Daher sei man auch bereit, schon vor der formellen Übernahme der Regierungsgeschäfte gemeinsam mit der noch geschäftsführenden Regierung aktiv zu werden. Dienstagabend hatten die Spitzen der Ampel-Parteien die abschließenden Koalitionsverhandlungen unterbrochen, um im Kanzleramt mit Kanzlerin Angela Merkel über weitere Schritte zur Eindämmung der Pandemie zu sprechen.

dho / mit AFP