Beschlüsse von Bund und Ländern Schluss mit Gratis-Tests für alle, neue Testpflicht für Ungeimpfte und ein Fluthilfefonds in Milliardenhöhe

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Beratungen zwischen Bund und Ländern
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Beratungen zwischen Bund und Ländern
© CHRISTIAN MANG / AFP
Bund und Länder haben sich über den künftigen Kurs in der Coronakrise verständigt. Beschlossen wurde etwa ein Ende der Gratis-Schnelltests für alle. Darüber hinaus wird ein Fluthilfefonds in Milliardenhöhe aufgelegt.

Bund und Länder haben sich über den künftigen Kurs in der Coronakrise verständigt. "Wir haben genug Impfstoff und wir müssen dafür werben, dass mehr geimpft wird", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Beratungen mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten in Berlin. Trotz Fortschritten habe das Impftempo "erheblich nachgelassen". 

Die nun getroffenen Beschlüsse erfolgten vor dem Hintergrund einer gesunkenen Impfbereitschaft und wieder steigender Corona-Infektionszahlen. Aktuell liegt die Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bei 23,5. Vor einer Woche lag der Wert noch bei 17,9.

Darüber hinaus verständigten sich Bund und Länder auf einen Fluthilfefonds in Milliardenhöhe. Die Beschlüsse im Überblick:

Corona-Schnelltests ab dem 11. Oktober nicht mehr gratis

Der Bund wird ab dem 11. Oktober nicht mehr die Kosten für Corona-Schnelltests für alle Bürger übernehmen. Wer sich nicht impfen lässt und zum Beispiel für einen Restaurantbesuch einen negativen Test braucht, muss diesen dann selbst bezahlen. Ausnahmen gelten nach einem Beschluss von Bund und Ländern vom Dienstag für Personen, die nicht geimpft werden können oder für die es keine allgemeine Impfempfehlung gibt. Das seien insbesondere Schwangere und Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

In dem Beschlusspapier wird darauf hingewiesen, dass die kostenlosen Bürgertests einen wichtigen Beitrag dazu geleistet hätten, die dritte Corona-Welle zu brechen. Da mittlerweile allen Bürgerinnen und Bürgern ein Impfangebot gemacht werden könne, sei die dauerhafte Übernahme der Kosten für alle Tests durch den Bund und damit den Steuerzahler nicht angezeigt.

An noch nicht Geimpfte appellierten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länderregierungschefs, jetzt schnellstmöglich die bestehenden Impfangebote wahrzunehmen. Arbeitgeber sollten ihre Beschäftigten dabei unterstützen.

Nicht-Geimpfte und -Genesene brauchen bald mehr Tests

Gleichzeitig vereinbarten Bund und Länder, dass für Nicht-Geimpfte und Nicht-Genesene die Vorlage eines negativen Corona-Tests noch im August zur Pflicht für viele Aktivitäten in Innenräumen werden soll. Dies betrifft zum Beispiel das Essen in Restaurants, den Besuch beim Friseur oder Sport im Fitnessstudio. Es gilt aber auch für Besucher in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen sowie Einrichtungen der Behindertenhilfe. Ausnahmen kann es demnach für Schüler geben, die regelmäßig getestet werden, außerdem für Regionen mit niedrigen Inzidenzen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Spätestens ab 23. August soll grundsätzlich gelten, wie auch heute schon in manchen Bereichen: Nur Geimpfte, Genesene oder negativ Getestete haben Zutritt. Der Test darf nicht älter als 24 Stunden (Antigen-Test) oder 48 Stunden (PCR) sein. Ausgenommen von der Regel sind Kinder bis sechs Jahren und Schüler, da an Schulen sowieso weiter regelmäßig getestet werden soll. Und die "3G-Regel" kann ausgesetzt werden, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Kreis "stabil" unter 35 liegt.

Festhalten am Inzidenzwert, aber weitere Indikatoren 

Im Bund-Länder-Beschluss wird die Zahl der Krankenhausaufnahmen wegen Covid-19 als "wichtige Größe zur Beurteilung des Infektionsgeschehens" bezeichnet. Daneben wird betont, dass Bund und Länder "alle Indikatoren, insbesondere die Inzidenz, die Impfquote, und die Zahl der schweren Krankheitsverläufe sowie die resultierende Belastung des Gesundheitswesens berücksichtigen", um die Corona-Maßnahmen gegebenenfalls anzupassen.

Corona-Arbeitsschutzverordnung und Wirtschaftshilfen werden verlängert

Die Corona-Arbeitsschutzverordnung wird noch einmal über den 10. September hinaus verlängert. Sie verpflichtet Unternehmen zu Hygieneplänen und zum Angebot von Tests für Beschäftigte. 

Darüber hinaus sollen die bisher bis Ende September laufenden Wirtschaftshilfen (Überbrückungshilfe III Plus) und die Erleichterungen zum Zugang für das Kurzarbeitergeld verlängert werden.

Bund und Länder für Verlängerung der epidemischen Notlage

Bund und Länder plädierten außerdem dafür, die epidemische Lage von nationaler Tragweite über den 11. September hinaus zu verlängern. Dafür wäre der Bundestag zuständig. Deutschland befinde sich insgesamt weiter in einer pandemischen Situation und die zuständigen Behörden müssten weiterhin die erforderlichen Maßnahmen ergreifen können, hieß es zur Begründung.

Masken im ÖPNV weiterhin "verbindlich", Einschränkungen bei Veranstaltungen weiter möglich

In öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkaufen sollen weiterhin medizinische Schutzmasken (OP oder FFP2) "verbindlich vorgeschrieben" sein. Alle vier Wochen soll das überprüft werden. Allerdings hatte Sachsen bereits die Maskenpflicht beim Einkaufen bei niedriger Inzidenz aufgehoben.

Einschränkungen, wie eine begrenzte Teilnehmerzahl für Clubs und Partys, sind weiter möglich, Hygienekonzepte müssen vorgelegt werden. In Fußballstadien und bei Sportveranstaltungen mit mehr als 5000 Zuschauern soll maximal die Hälfte der Plätze der Veranstaltungsstätte oder des Stadions besetzt werden. Die Höchstzahl der Zuschauer soll bei 25.000 liegen.

Wie wichtig eine Corona-Impfung ist, zeigen Modellrechnungen des Robert Koch-Instituts.
Wie wichtig eine Corona-Impfung ist, zeigen Modellrechnungen des Robert Koch-Instituts.
© Daniel Karmann / DPA
RKI-Analyse zeigt: Impfen hat Zehntausende Todesfälle verhindert

Geimpfte und Genesene müssen nach Rückreise aus einem Hochrisikogebiet auch weiterhin nicht in Quarantäne. Als Hochrisikogebiet gelten Regionen mit besonders hohen Fallzahlen oder in denen "Anhaltspunkte eines gefährlichen Infektionsgeschehens vorliegen", wie es beim Bundesgesundheitsministerium heißt.

Fluthilfefonds von 30 Milliarden Euro vereinbart

Für den Wiederaufbau in den Hochwassergebieten haben Bund und Länder einen Fonds von 30 Milliarden Euro vereinbart. Die Aufbaumaßnahmen allein der Länder werden im Beschluss von Kanzlerin Merkel und der Ministerpräsidenten mit 28 Milliarden Euro beziffert. Diese wollen Bund und Länder je zur Hälfte finanzieren.

Bundeskanzlerin Merkel (CDU) hat die "umfassende Hilfsbereitschaft" von Ehrenamtlichen und Privatpersonen in den Flutgebieten gewürdigt. Es handele sich aber um eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Dimension, betonte sie und sagte über den vereinbarten Aufbaufonds: "Das ist ein Zeichen gesamtstaatlicher Solidarität."

Das Kabinett werde das entsprechende Gesetz in seiner Sitzung am kommenden Mittwoch beschließen, kündigte die Kanzlerin an. Der Bundestag werde dieses voraussichtlich in einer Sondersitzung in der Woche darauf in erster Lesung beraten. Die Verabschiedung könnte dann in der für den 7. September vorgesehenen Sitzung erfolgen.

DPA · AFP
fs/tkr