Gesundheitssystem SPD will die Reform reformieren

Kaum stehen die Eckpunkte für die Gesundheitsreform, will die SPD schon wieder nachbessern. Für die Sozialdemokraten sei eine "prinzipielle Frage nicht geklärt".

Nur ein Woche nach der Vereinbarung der großen Koalition über die Eckpunkte der Gesundheitsreform sieht Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) Bedarf für einen zweiten Anlauf. "Die prinzipielle Frage ist nicht geklärt", sagte er der "Financial Times Deutschland" (FTD) - die der Finanzierung.

2008 müssen 1,5 Milliarden Euro finanziert werden, drei Milliarden Euro im Jahr 2009 und bis 2013 bis zu neun Milliarden. "Vor dem Ende der Legislaturperiode - entweder 2008 oder 2009 - wird die Frage erneut diskutiert werden müssen", sagte Steinbrück.

Durch ein steuerfinanziertes Sozialsystem könnten "die größten Probleme" des Landes in den Griff bekommen werden, die Demografie und die Höhe der Lohnnebenkosten. Die skandinavischen Länder seien dafür ein gutes Beispiel, so Steinbrück.

Müntefering erwartet Abgabenerhöhungen

Auch Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) erwartet spätestens nach der nächsten Bundestagswahl 2009 Abgabenerhöhungen zur Steuerfinanzierung der Krankenversicherung von Kindern. "Wir haben beschlossen, innerhalb dieser Legislaturperiode die Steuern nicht zu erhöhen", sagte er im ZDF. "Aber wir werden ja auch den Haushalt für die Jahre 2010/11/12 vordenken müssen in der mittelfristigen Planung und dann gibt das Summen, die man aus dem Haushalt nicht herausbekommen kann", fügte er hinzu.

Um die Kosten für die Reform zumindest im Griff zu halten, fordert der stellvertretende CSU-Vorsitzende Horst Seehofer "strikte Ausgabendisziplin". Im Gesetzgebungsverfahren müsse sehr darauf geachtet werden, dass die vereinbarten Einsparziele eingehalten und nicht große Mehrausgaben beschlossen würden, sagte der frühere Gesundheitsminister in der "FTD" mit Blick auf das geplante neue Honorarsystem für niedergelassene Ärzte. "Die Reform der Ärztehonorare ist richtig, sie darf aber nicht mehr kosten", so Seehofer.

Ähnlich wie andere SPD-Politiker macht auch Steinbrück die Ministerpräsidenten der unionsgeführten Bundesländer dafür verantwortlich, dass jetzt statt höherer Steuern steigende Beiträge für ausgeglichene Etats bei den Krankenkassen sogen sollen: "Am Sonntag vor der entscheidenden Sitzung waren wir uns noch einig, dass wir im Prinzip eine stärker steuerfinanzierte Säule haben wollen." Dann habe plötzlich ein Prozess eingesetzt, dass "die Ministerpräsidenten der Länder bei dem Wort Steuererhöhungen Kopfweh bekamen und zurückwichen."

"Union-Länderchefs in der Rolle der Opposition"

Nach Ansicht des Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Thierse (SPD) haben die Unions-Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, Christian Wulf und Jürgen Rüttgers sogar "die Rolle der Opposition übernommen". Im "Kölner Stadt-Anzeiger" hielt er ihnen vor, "im Bund destruktiv zu wirken, anstatt der großen Koalition klare Reform-Erfolge zu ermöglichen".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Seehofer weist die sozialdemokratische Kritik an den Reformplänen zurück: "Das ist das Beste, was unter diesen Umständen und in dieser Konstellation herauszuholen war." Die Kritik aus der SPD an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei aber "völlig inakzeptabel".

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DPA/AP