Hamburg - Wem vertrauen die Deutschen eigentlich noch? In der Online-Umfrage "Perspektive Deutschland", an der sich über 350 000 Bundesbürger beteiligt haben, wurden Internetnutzer auch nach ihrem Vertrauen in die Institution Kirche befragt. Wie der stern in seiner neuen, am Donnerstag erscheinenden Ausgabe berichtet, sind die danach von den Menschen in Deutschland nahezu abgeschrieben. Nur noch 39 Prozent der Bundesbürger bezeichnen sich als religiös, fast genauso viele als Atheisten oder eher nicht religiös. Als "eher religiös" bezeichnen sich in Bayern 50 Prozent, in Baden-Württemberg 46 Prozent und in Nordrhein-Westfalen 45 Prozent, in Niedersachsen 44, in Rheinland-Pfalz 44 und im Saarland ebenfalls 44 Prozent der Einwohner. Die geringste Bedeutung hat Religion offenbar für die Menschen in den Stadtstaaten Hamburg (26%) und Berlin (24%) sowie in den neuen Bundesländern. In Thüringen bezeichneten sich nur noch 19 Prozent, in Brandenburg 15 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern 15 Prozent und in Sachsen-Anhalt 14 Prozent der Bewohner als religiös. "Es tut weh, an Bedeutung zu verlieren", sagte der Mainzer Bischof, Kardinal Lehmann, Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz, in einem stern-Interview zu dem Ergebnis der repräsentativen Internetumfrage. Nach seiner Einschätzung hat die Kirche "im persönlichen Bereich, bei Ehe, Familie, Sexualität offensichtlich nicht mehr viel zu melden". Da müsse sie "zweifellos in hohem Maße Vertrauen zurückgewinnen". "Minderheit zu werden ist schwer, Minderheit zu sein, ist es nicht mehr", sagte Lehmann. Auch eine Minderheitenkirche könne Volkskirche sein, "wenn sie die Schwächsten und Ärmsten nicht aus den Augen verliert. Die Mitgliederzahl ist dann weniger wichtig als unsere Treue zu dieser Aufgabe", sagte der Kardinal im stern-Gespräch.
"Perspektive Deutschland" ist die größte repräsentative Internetumfrage, die von stern, McKinsey, T-Online und ZDF mit Hilfe des Internets in Deutschland durchgeführt wurde. 356 000 Internetnutzer haben sich daran beteiligt.