Acht-Punkte-Plan SPD kontert Merz und fordert "Stadtbild"-Strategie

Friedrich Merz
© John Macdougall / AFP
"Merz benennt das falsche Problem": Ein breiter Zusammenschluss von SPD-Abgeordneten legt in der "Stadtbild"-Debatte einen Acht-Punkte-Plan vor – und ermahnt den Kanzler. 

Zahlreiche namhafte SPD-Bundestagsabgeordnete kontern die umstrittenen Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz mit einem Acht-Punkte-Plan für ein "soziales, sicheres und solidarisches Stadtbild" und fordern die Regierungskoalition auf, sich bis Jahresende auf eine gemeinsame Position zu verständigen – etwa durch einen Parlamentsbeschluss oder einen Gipfel im Kanzleramt. 

"Die jüngste Debatte um das 'Stadtbild' zeigt: Ja, es gibt Herausforderungen – aber Friedrich Merz benennt das falsche Problem", heißt es in dem Schreiben, das dem stern vorliegt. Die Unterstützerinnen und Unterstützer aus verschiedenen Großstädten Deutschlands repräsentieren die SPD-Landesverbände von Nord bis Süd und alle drei Strömungen der SPD-Bundestagsfraktion: Adis Ahmetovic (Hannover), Isabel Cademartori (Mannheim), Sanae Abdi (Köln), Annika Klose und Hakan Demir (beide Berlin), Rasha Nasr (Dresden), Sebastian Roloff (München), Serdar Yüksel (Bochum), Armand Zorn (Frankfurt) und Aydan Özoğuz (Hamburg). 

SPD-Politiker kritisieren Merz: "Ressentiments befeuert"

Schwierigkeiten im Stadtbild hätten vielfältige Ursachen, heißt es in dem "Debattenbeitrag" der SPD-Abgeordneten. "Wer die Debatte auf Asyl, Flucht und Migration verengt, verhindert Lösungen." 

Der Kanzler hatte im Zusammenhang mit der Migrationspolitik zunächst vage von einem nach wie vor bestehenden "Problem" im "Stadtbild" gesprochen und dadurch eine hitzige Debatte ausgelöst. Am Mittwochabend konkretisierte Merz seine Aussage. Er betonte, dass es auch in Zukunft Einwanderung brauche, sagte jedoch dazu, was ihn am öffentlichen Bild deutscher Städte störe: Migranten ohne Aufenthaltsrecht und Arbeit, die sich nicht an die in Deutschland geltenden Regeln halten würden. 

Zwar habe die vom Kanzler angestoßene Debatte viele Reaktionen, teils verständliche Empörung ausgelöst, heißt es in dem Schreiben weiter. Zugleich seien "durch unklare Formulierungen Ressentiments befeuert" worden. "Die Debatte über 'Stadtbilder' braucht Präzision in der Analyse und Klarheit in den Antworten", schreiben SPD-Politikerinnen und -Politiker und fordern die Regierungskoalition zu einer gemeinsamen Position für eine "Zukunftsstrategie Innenstadt 2030+" auf. 

Schwarz-Rot soll sich auf "Stadtbild"-Position verständigen

Sicherheit müsse breiter gedacht werden, heißt es in dem Acht-Punkte-Plan. "Wir setzen auf Prävention statt Ausgrenzung: mehr aufsuchende Sozialarbeit, stationäre und mobile Beratungs- und Gesundheitsdienste, Antidiskriminierungsarbeit und Programme gegen rassistische Gewalt", heißt es. 

Auch bessere Beleuchtung, Notrufsysteme und sichere Wegekonzepte würden Vertrauen schaffen. "Eine abgestimmte Präsenz von Bundes- und Landespolizei, kommunalen Ordnungsdiensten und – an zentralen Bahnhöfen – DB-Sicherheitskräften, unterstützt durch Streetworker, verbessert das Sicherheitsgefühl." Gegen Kriminalität müsse effektiv und im rechtsstaatlichen Rahmen vorgegangen werden. 

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Auch bezahlbarer Wohnraum wird als "soziale Schlüsselfrage der Innenstädte" angeführt. Man wolle wieder Leben in die Zentren bringen, etwa durch Co-Working-Spaces, Pflege- und Gesundheitszentren sowie kurze Wege zwischen Arbeit, Freizeit und Alltag. "Obdachlosigkeit sei sichtbarer Ausdruck sozialer Not – nicht individueller Schuld", heißt es. Ziel müsse sein, Wohnungslosigkeit bis 2030 zu überwinden, etwa durch bezahlbare Notunterkünfte und präventive Sozialarbeit. "Niemand darf in diesem Land auf der Straße leben müssen." 

Ebenso solle die "Nutzmischung" von Wohnraum, Arbeitsplätzen und Kulturangeboten gefördert werden. "Wir wollen rechtliche und finanzielle Rahmen schaffen, um vielfältige Nutzungen zu ermöglichen – statt eintöniger 'Konsummeilen'". Des Weiteren setzen sich die SPD-Abgeordneten für Kultur- und Sportstätten als "zentrale Orte des urbanen Lebens" und eine Mobilität ein, die alle mitnehme. Die Finanzierung der Kommunen müsse gesichert und ihre "Handlungsspielräume" erweitert werden.

"Die Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD sollte sich bis Jahresende auf ein gemeinsames Verständnis des "Stadtbilds" verständigen", fordern die SPD-Bundestagsabgeordneten zum weiteren Vorgehen, "etwa durch einen parlamentarischen Beschluss oder einen Gipfel 'Stadt der Zukunft' im Kanzleramt." Es brauche jetzt Klarheit in dieser Debatte. 

"Als Sozialdemokrat:innen bekennen wir uns zu Deutschland als Einwanderungsland. Staatsbürgerschaft erkennt man Menschen nicht an – wer in unseren Städten lebt, sich einbringt und engagiert, ist Teil unseres gemeinsamen Stadtbilds", heißt es. 

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