Es ist ein Schritt mit Symbolwirkung: Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat nach der tödlichen Attacke auf einen Achtjährigen im Frankfurter Hauptbahnhof seinen Urlaub unterbrochen, um sich in Berlin mit den Chefs deutscher Sicherheitsbehörden zu beraten.
Es sollte um die allgemeine Sicherheitslage in Deutschland gehen, nach Informationen der Nachrichtenagentur DPA sollen dabei auch Angriffe und Drohungen gegen Politiker, angekündigte Anschläge gegen Moscheen und rechtsextrem motivierte Gewalttaten thematisiert werden.
PK von Horst Seehofer nach Attacke von Frankfurt im Liveblog
Seehofer sprach vorab von "mehreren schwerwiegenden Taten in jüngerer Zeit". Auf einer Pressekonferenz im Bundesinnenministerium informierte er die Öffentlichkeit über die Ergebnisse des Austausches mit den Vertretern von BKA und Co. Die Stellungnahmen zum Nachlesen im stern-Liveblog:
Pressekonferenz von Bundesinnenminister Horst Seehofer zur Sicherheitslage in Deutschland
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Damit beenden wir unsere Live-Berichterstattung von der Pressekonferenz von Bundesinnenministerium, Bundeskriminalamt und Bundespolizei.
Konkret auf den Mord in Frankfurt bezogen, sollen "vorurteilsfrei" technische, bauliche und personelle Möglichkeiten zwischen Ministerien, Bahn und Fachleuten diskutiert werden, um die Sicherheit der Bevölkerung in den Bahnhöfen zu verbessern. Nicht wirksame Schnellschüsse sollen dabei vermieden werden, Kosten dürften keine Rolle spielen.
Grundsätzlich stellen die Sicherheitsbehörden einen Werteverfall in Deutschland fest. Rechtsverstöße sollen konsequent verfolgt werden, vor allem der Kampf gegen rechte Hetze und Hass im Netz werde dabei eine Rolle spielen, aber auch die Gefahr von Gewalttaten. In puncto Migrationspolitik will der Bundesinnenminister bei seiner Linie bleiben und zum Beispiel ausländische Straftäter konsequenter abschieben. Kontrollen an der Grenze sollen "intelligent" verstärkt werden.
Auf stern.de halten wir Sie den ganzen Tag über aktuelle Entwicklungen zum Mord in Frankfurt auf dem Laufenden. Danke für Ihre Aufmerksamkeit. -
BKA-Präsident Münch kündigt an, rechte Netzwerke stärker in den Blick zu nehmen. Vorbild soll dabei die Beobachtung des islamistisch motivierten Terrorismus sein. Er gehe davon aus, dass es mehr rechtsextreme Gefährder gebe als bislang bekannt.
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"Wir haben im letzten Jahr 43.000 unerlaubte Einreisen festgestellt", stellt Seehofer unabhängig vom Frankfurter Fall fest. Dieser Frage müsse er sich verstärkt zuwenden. "Wir müssen die Kontrolle unserer Grenzen überall stärker in den Blick nehmen." Dabei wolle er jedoch nicht zum "Schlagbaum" zurück, sondern auf Instrumente "intelligenter Kontrollen" setzen. "Sicherheit beginnt an der Grenze."
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An seiner Haltung in der Zuwanderungspolitik ändere er nichts, so Seehofer: Humanitäre Hilfe ja, aber "Zuwanderung muss gesteuert und begrenzt werden".
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Zur Stunde gebe es noch keine Hinweise auf ein mögliches Motiv des Täters von Frankfurt, teilt Bundespolizei-Chef Romann auf eine entsprechende Frage mit.
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Soweit die Statements von Seehofer, Romann und Münch. Die im Saal versammelten Journalisten können nun Fragen stellen.
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Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), übernimmt das Wort und macht ebenso auf eine zunehmende Polarisierung und die Zunahme politisch motivierter Kriminalität aufmerksam. "Wir müssen sicherstellen, dass sich die Bürger im öffentlichen Raum sicher fühlen." Dies sei zentrale Aufgabe der Sicherheitsbehörden. Münch kündigt ein noch konsequenteres Vorgehen gegen Rechtsverstöße an und stellt eine Überrepräsentanz ausländischer Straftäter fest. Zudem soll in Zukunft der Kampf gegen Rechtsextremismus verstärkt werden. Das BKA werde dazu auch die Anstrengungen gegen Hass und Hetze im Internet verstärken.
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Mein Ziel ist, dass die Gesellschaft die Polarisierung überwinden wird
Horst Seehofer -
Die Bundesregierung werde sich mit der Fragestellung "Werte-Verfall" in der Bundesrepublik auseinandersetzen. Als Beispiele der letzten Wochen nennt er denn Angriff Jugendlicher auf eine Polizeiwache in Bayern und wiederholte Randale im Düsseldorfer Rheinbad.
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Gleichwohl stellt der Innenminister generell eine "Werte-Erosion" fest, die ausländerrechtliche Änderungen möglich machen könnten.
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Der mutmaßliche Mörder von Frankfurt sei legal in die Bundesrepublik eingereist. Seehofer sieht daher derzeit keinen Anlass, aus diesem Fall aufenthaltsrechtliche Konsequenzen zu ziehen.
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Technische bzw. bauliche Veränderungen an Bahnhöfen schließt Seehofer nicht aus, aber man müsse genau abwägen, ob diese sinnvoll seien.
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Als Konsequenz aus der Tat von Frankfurt kündigt Horst Seehofer an, sich mit Vertretern des Verkehrsministerium und der Deutschen Bahn zusammenzusetzen und mögliche Veränderungen an den Bahnhöfen zu diskutieren.
Seehofer möchte zudem weiteres Personal für Bundespolizei, Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt einstellen. -
Dieter Romann, der Chef der für den Bahnverkehr zuständigen Bundespolizei, gibt Details zum mutmaßlichen Mörder von Frankfurt bekannt: Der 40-Jährige dreifache Familienvater sei 2006 illegal in die Schweiz eingereist. Ihm sei 2008 Asyl gewährt worden und er galt als "gut integriert", so Romann. Er habe einen festen Arbeitsplatz gehabt und laut Schweizer Behörden "als Beispielfall gelungener Integration" gegolten. Nach der Bedrohung einer Frau sei er zuletzt in der Schweiz zur Fahndung ausgeschrieben gewesen.
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Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung sei sehr angespannt, so Seehofer, obgleich die Zahlen gegen eine Verschlechterung der Sicherheitslage sprächen.