Höchste Zeit ist es, dass die Bundesregierung den abschließenden Umzug der Bonner-Ministerienreste nach Berlin beschließt. Denn viele Gründe sprechen eindeutig dafür, den politischen Wanderzirkus zwischen der einstigen provisorischen und der endgültigen Hauptstadt zu beenden: Der derzeitige Pendelverkehr der Beamten kostet Millionen Euro. Vor allem aber hindert er viele Beamte an voller Leistung, denn jeder Hin- und Rückflug kostet rund sechs Stunden, in denen konzentrierte Arbeit nicht möglich ist.
Noch immer arbeiten in Bonn etwa ebenso viele Beamte und Angestellte des Bundes wie in Berlin. Längst ist außerdem auch eine Art "Schwarzmarkt" entstanden, auf dem die Ministerien mit Hauptsitz in Bonn möglichst unauffällig immer mehr hohe Beamte nach Berlin verschieben. Daher gibt es daher keine Zweifel daran, dass diese ganze Arbeitsteilung mit Tricks und Tarnung unterm Strich sinnlos ist.
Hinzu kommt ein weiteres zugkräftiges Argument für den kompletten Umzug. Die Stadt Bonn ist für den Teilumzug der Bundesregierung massiv beglückt worden. Mit viel Geld, mit intensiver Strukturhilfe und mit der Ansiedlung ursprünglich bundeseigener Behörden wie der Telekom und der Post, die Tausende von neuen Arbeitsplätzen in die Stadt am Rhein brachten. Wirtschaftlich betrachtet steht Bonn heute eindeutig besser da als zu Zeiten, in denen Bundesregierung und Bundestag komplett dort anwesend waren.
Opportunistische Gründe
Dass die Bundeskanzlerin dennoch nur sehr zögerlich die Vollendung des Projekts betreibt - um nicht zu sagen: hintertreibt - hat opportunistische Gründe. Mit Sicherheit würde mehr Aktivität bei diesem Thema einen Konflikt mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers bedeuten, der bei den Wählern im Großkreis Bonn erhebliche Stimmenverluste für seine Partei befürchten muss. Die Beamtenschaft macht mehrheitlich ihr Kreuzchen bei der CDU.
Im Blick auf die Schwierigkeiten, die Angela Merkel ohnehin schon mit Rüttgers hat, möchte sie ihn natürlich nicht reizen, zumindest nicht vor der Bundestagswahl im Jahr 2009. Aber natürlich weiß man auch im Bundeskanzleramt, dass auf Dauer die Vollendung des Umzugs nicht zu verhindern ist. Doch muss sich die Kanzlerin in diesem Zusammenhang energisch daran erinnern lassen, dass sie ganz persönlich von allen Arbeitnehmern der Bundesrepublik, vor allem jenen in den ostdeutschen Ländern, hohe Mobilität bei der Suche nach einem Arbeitsplatz verlangt.
Sonderrechte gegen höhere Mobilität
Es ist nicht einzusehen, weshalb von den Arbeitnehmern des Bundes nicht die gleiche Lebensleistung verlangt werden kann. Von Tausenden Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft, die ihre Präsenz in Berlin in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut hat, ist dies ebenfalls gefordert worden.

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Im Übrigen genügt ein Blick ins Beamtenrecht. Die Beamtengilde geniest deshalb viele Sonderrechte und die Gunst einer besseren Altersversorgung, weil der Staat das Recht hat, sie überall dort einzusetzen, wo er ihrer Arbeitskraft bedarf. Gut daher, dass Innenminister Wolfgang Schäuble jetzt endlich Druck macht. Das ehrt ihn fast ebenso wie die Tatsache, dass er es war, der einst im Deutschen Bundestag jene mitreißende Rede gehalten hat, nach der die Entscheidung für die Bundeshauptstadt Berlin fiel.