Der Linke-Vorsitzende Jan van Aken hat vor der Wahl eines Thüringer CDU-Ministerpräsidenten mit AfD-Stimmen gewarnt. Gleichzeitig forderte er die Union auf, noch kurzfristig mit der Linken eine Kooperationsvereinbarung zu schließen.
"Es ist verantwortungslos und gefährlich, dass die Thüringer CDU ohne Mehrheit und ohne feste Vereinbarung mit der demokratischen Opposition in die Wahl zum Ministerpräsidenten gehen will", sagte van Aken dem stern. "Der CDU-Landesvorsitzende Mario Voigt hat es in der Hand, nicht mit den Stimmen der AfD gewählt zu werden."
Voigt will sich am Donnerstag der Wahl des neuen Ministerpräsidenten im Erfurter Landtag zu stellen. Allerdings verfügt seine geplante Koalition mit dem BSW und der SPD nur über 44 von 88 Stimmen im Parlament.
Linke verlangt Fairness-Abkommen
Die andere Hälfte der Abgeordneten wird von AfD und Linke gestellt. Damit ist Voigt in den ersten beiden Wahlgängen – in denen eine absolute Mehrheit von mindestens 45 Stimmen nötig ist – auf wenigstens eine Stimme aus AfD oder Linke angewiesen.
Die Linke ist bereit, die Wahl Voigts zu gewährleisten, verlangt aber im Gegenzug ein sogenanntes Fairness-Abkommen mit festen Absprachen über gemeinsame Projekte. Die Thüringer CDU lehnt die Forderung ab und verweist dabei auf den Abgrenzungsbeschluss der Bundespartei gegenüber Linke und AfD.
Stattdessen setzt das "Brombeer-Bündnis" von Union, BSW und SPD auf einen neuartigen, im Koalitionsvertrag festgelegten "Konsultationsmechanismus". Er sieht vor, dass auch die Oppositionsfraktionen – und damit theoretisch auch die AfD – schon während der Kabinettsberatungen in Gesetzgebungsverfahren eingebunden werden. Der Linke reicht dies nicht.
Was macht Voigt bei einer Wahl durch die AfD?
Bislang hat die CDU offen gelassen, ob Voigt im Falle einer Wahl mithilfe möglicher AfD-Stimmen das Amt annimmt. Die Abstimmung im Landtag ist geheim.
Van Aken rief den CDU-Landeschef auf, "jetzt Verantwortung" zu zeigen."44 Stimmen von CDU, BSW und SPD im Landtag sind keine Mehrheit", sagte er. "Ich erwarte von ihm, Eigeninteressen zurückzustellen und eine stabile Vereinbarung für fünf Jahre mit unserer Partei in Thüringen zu treffen."

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Der Linke-Chef erinnerte daran, dass die Thüringer CDU vor knapp fünf Jahren gemeinsam mit AfD und FDP den Liberalen Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten gewählt hatte. Danach schloss Voigt mit der rot-rot-grünen Minderheitskoalition einen sogenannten Stabilitätspakt und sorgte mit dafür, dass der Linke Bodo Ramelow zurück ins Ministerpräsidentenamt gelangte. "Offenbar hat Mario Voigt nichts aus dem 5. Februar 2020 gelernt", sagte van Aken.