Bei einem Gottesdienst auf dem Islinger Feld nahe Regensburg hat Papst Benedikt XVI. die Unverzichtbarkeit des Glaubens in der modernen Welt betont. Seit der Aufklärung arbeite wenigstens ein Teil der Wissenschaft emsig daran, eine Welterklärung zu finden, in der Gott überflüssig werde, sagte der Papst vor den Gläubigen. Aber immer wieder zeige sich: "Die Sache mit dem Menschen geht nicht auf ohne Gott, und die Sache mit der Welt, dem ganzen weiten Universum, geht nicht auf ohne ihn.", sagte der Papst auf der vierten Station seines Bayern-Besuches.
Unklarheit über Pilgerzahl
Die kirchlichen Veranstalter schätzten die Zahl der Gottesdienstteilnehmer auf 260.000, Beobachter gingen von deutlich weniger aus. Die Polizei machte zunächst keine Angaben. Auf dem Islinger Feld waren bis zu 350.000 Pilger bei dem Open-Air-Gottesdienst von Benedikt XVI. erwartet worden.
Vor Beginn der großen Messe unter freiem Himmel fuhr der Papst unter "Benedetto"-Rufen mit dem Papamobil durch die Reihen der Gläubigen. Wenn Christen sagten, sie glaubten an Gott, bedeutet dies nach den Worten des Papstes: "Wir glauben, dass das ewige Wort, die Vernunft am Anfang steht und nicht die Unvernunft. Mit diesem Glauben brauchen wir uns nicht zu verstecken, mit ihm brauchen wir uns nicht zu fürchten, uns auf einem Holzweg zu bewegen." Er ermunterte die Gläubigen und betonte: "Freuen wir uns, dass wir Gott kennen dürfen und versuchen wir, auch anderen die Vernunft des Glaubens zu zeigen."
"Heute, wo wir die Pathologien und die lebensgefährlichen Erkrankungen der Religion und der Vernunft sehen, die Zerstörungen des Gottesbildes durch Hass und Fanatismus, ist es wichtig, klar zu sagen, welchem Gott wir glauben", sagte der Papst. Erst das erlöse von der Gottesangst, aus der letztlich der moderne Atheismus geboren worden sei. "Der Glaube will uns nicht Angst machen, wohl aber zur Vernunft rufen." Seine Predigt schloss Benedikt XVI. mit den Worten, die zugleich Motto seines Deutschland-Besuches sind: "Wer glaubt, ist nie allein."
Stoiber fordert Bekenntniss zur Ökumene
Bayerische Spitzenpolitiker haben von Papst Benedikt XVI. ein klares Bekenntnis zur Ökumene und konkrete Schritte zu einem besseren Miteinander der großen Konfessionen verlangt. Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) forderte den Papst auf, die Gemeinsamkeiten der christlichen Konfessionen mehr zu betonen als das Trennende. "Es wäre schön, wenn dieser Besuch in diesem Punkt etwas bringen würde", sagte Stoiber am Rande des Gottesdienstes in Regensburg der Nachrichtenagentur Reuters.
Stoiber stellte sich damit hinter entsprechende Äußerungen von Bundespräsident Horst Köhler, der bereits zu Beginn der Reise des Papstes am Wochenende Fortschritte bei der Ökumene angemahnt hatte. Das Oberhaupt der Katholischen Kirche bereist noch bis zum Donnerstag seine bayerische Heimat.
Auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU), der gemeinsam mit Stoiber an der Messe teilnahm, sagte Reuters, er erhoffe sich vom Papst deutlichere Worte zur Ökumene. "Vor allem bei der Trennung der Christen beim Abendmal wird die Trennung der Konfessionen schmerzlich deutlich." Beckstein ist evangelischer Christ und Laienvertreter bei der Landessynode Bayerns. Der Papst will am Abend im Regensburger Dom eine ökumenische Vesper feiern. . Dabei trifft der Papst mit Vertretern der jüdischen Gemeinde, dem evangelischen Landesbischof Johannes Friedrich und dem orthodoxen Metropoliten Augoustinos zusammen.

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Sicherheit: Positive Zwischenbilanz
Beckstein, der als Innenminister für die Sicherheit des Papstes und der hunderttausenden Gläubigen an den Reisestationen verantwortlich ist, zog eine positive Zwischenbilanz. Bislang habe es keinerlei Sicherheitsprobleme gegeben. Am Morgen hatte kurzzeitig ein herrenloser Koffer in Regensburg bei den Sicherheitskräften für Aufregung gesorgt.
Am Nachmittag steht eine Begegnung mit Wissenschaftlern in der Aula der Universität auf dem Programm. Joseph Ratzinger hatte an der Universität von 1969 bis 1977 als Theologieprofessor gelehrt. Am Mittwoch steht ein Besuch in seinem Privathaus in Pentling am Stadtrand von Regensburg auf dem Programm. Am Donnerstag besucht das Kirchenoberhaupt Freising, bevor es anschließend vom Flughafen München zurück nach Rom fliegt.