Eine Unternehmerin aus Schleswig-Holstein beklagt sich bitter über die Vorschrift «ProdGewStatG». Das Gesetz über die Statistik im produzierenden Gewerbe verlangt von ihr eine monatliche Berichtsführung, die an Mitarbeiter des Statistischen Landesamtes weiterzureichen ist. "Es wäre eindeutig besser, die Zeit unternehmerisch zu nutzen." Zusätzlich soll sie nun auch noch einen vierteljährlichen Produktionsbericht anfertigen. "Bei den Formularen ... ist mir an vielen Stellen gar nicht klar, wie ich die auszufüllen habe." Solche und andere Zuschriften trudeln derzeit im Büro der FDP-Vizefraktionsvorsitzenden und "Sprecherin für Bürokratieabbau", Birgit Homburger, ein.
Ein Vorschlag pro Sitzungswoche
Vor gut drei Monaten startete die FDP eine Initiative gegen Bürokratie. FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt kündigte an, von sofort an pro Sitzungswoche mindestens einen konkreten Vorschlag zum Abbau von bürokratischen Vorschriften in den Bundestag einzubringen. "Wir werden aus der Opposition heraus die Bundesregierung zum Handeln zwingen", drohte damals Homburger.
Emsige Fraktion
Seither vergeht nicht eine Sitzungswoche im Bundestag, in dem nicht über "Bürokratische Konsequenzen des Antragsverfahrens bei Agrardiesel" oder den "Bürokratieaufwand im Zusammenhang mit Beherbergungsbetrieben mit bis zu acht Betten" getagt wird. Bislang legte die Fraktion zum Thema einen konkreten Gesetzentwurf und mehrere Anträge sowie große und kleine Anfragen vor.
Nicht nur Zustimmung
Sehr zum Leidwesen einiger Bundestagsabgeordneter. "Ich kann nicht verstehen, warum Sie das ganze Haus mit überflüssigen Anträgen aufhalten", schimpfte etwa der einstige Grünen-Parteichef Fritz Kuhn im Plenum, als es Anfang April um den Antrag Homburgers "Statistiken reduzieren - Unternehmen entlasten - Bürokratie abbauen" ging. "Wir stellen keine Anfragen und Anträge, die versickern", versichert eine Sprecherin Homburgers mit Blick auf Kritik über zusätzliche Anträge im Plenum.
Parteiübergreifendes Handeln möglich
Homburger ist sich darüber im Klaren, dass die Erfolgsaussichten ihrer Initiativen im Bundestag eher gering sind. "Wir sind natürlich in der Opposition", sagte Homburger. Bei vielen Themen sei aber auch parteiübergreifende Übereinstimmung vorhanden. Deswegen solle der Druck im Bundestag weiter ausgeübt werden.

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Positives Echo aus der Bevölkerung
Die Reaktionen in der Bevölkerung auf die Initiative scheinen der FDP Recht zu geben. Die Partei hatte Ende Januar die Bevölkerung über die Internetseite «wirmachenseinfacher.de» dazu aufgefordert, über Probleme zu berichten und Vorschläge zur Reduzierung der Bürokratie einzureichen. Mehrere hundert Anregungen, Beschwerden und Fragen per E-Mail, Fax und Telefon zählte die Vize-Fraktionschefin in den vergangenen drei Monaten. Ein vorherrschendes Thema, das besonders den Unternehmen unter den Nägeln brennt, ist nach Homburgers Angaben der Abbau von Statistik, aber auch Steuerthemen wie etwa die monatlich abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen. Durch das Echo auf die Anti-Bürokratie-Kampagne fühlt sich die FDP weiter motiviert. Es werde für die Partei weiter "zentrales Thema in der gesamten Legislaturperiode bleiben", heißt es aus dem Büro Homburger. Und auch die Union will auf das Wort des Bürgers setzen. Sie forderte im März dazu auf, ihr überflüssige Regelwerke, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften zu nennen.