REGIERUNGSERKLÄRUNG Schröder fordert »neue Kultur des Lernens«

Der Bundeskanzler hat in seiner Rede die Bildung zur »nationalen Aufgabe« erklärt. Es ist die erste Regierungserklärung seit Kriegsende, die sich ausschließlich mit diesem Thema befasst.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat eine »neue Kultur des Lernens und des Lehrens« gefordert. Bildung gehöre in den Mittelpunkt der Politik, betonte Schröder am Donnerstag in seiner ersten Regierungserklärung zu diesem Thema im Bundestag. Der Zugang zu Bildungschancen und die Qualität der Angebote sei eine der wichtigsten Fragen dieses Jahrhunderts. »Bildung ist eine nationale Aufgabe«, mahnte Schröder.

»Keine Scheuklappen«

Schröder rief zu einer gemeinsamen Kraftanstrengung auf, um Fehlentwicklungen entgegenzusteuern und die anstehenden Aufgaben »ohne ideologische Scheuklappen« anzupacken. Die Ergebnisse der PISA-Studie dürften niemanden gleichgültig lassen. Deutschland müsse sich selbstkritisch fragen, warum es nicht in der internationalen Spitzengruppe mithalte, mahnte Schröder. Er betonte die Notwendigkeit, alle Schüler unabhängig von der sozialen Herkunft oder dem Geldbeutel der Eltern zu fördern. »Wir können es uns nicht leisten, auch nur eine einzige Begabung ungenutzt zu lassen.«

Neun Millionen Euro für Bildung

Der Kanzler wies darauf hin, dass die rot-grüne Bundesregierung die Ausgaben für Bildung und Forschung seit 1998 um 21 Prozent auf fast neun Milliarden Euro in diesem Jahr erhöht habe. Er erinnerte unter anderem an die Reform von Bafög und Hochschulwesen. Trotz des Sparkurses seien die »Investitionen in die Köpfe« verstärkt worden. Dies alles sei aber noch nicht genug.

Vorbild Skandinavien

Länder wie Finnland oder Schweden, die bei PISA deutlich besser abschnitten, hätten ihr Bildungswesen beizeiten reformiert. Das deutsche Schulsystem aber sei offenbar nicht in der Lage, Förderung und Integration aller Schüler zu gewährleisten, die Pädagogen auf den Alltag in Schulen mit multi-ethnischer Zusammensetzung nur mangelhaft vorbereitet. Nachdrücklich setzte sich Schröder erneut für den Ausbau von Ganztagschulen ein und bekräftigte das Wahlversprechen, in den nächsten Jahren insgesamt vier Milliarden Euro dafür bereitzustellen.

Soziale Kompetenz muss gelehrt werden

Die Bluttat im Erfurter Gutenberg-Gymnasium im April mit 17 Toten werfe auch die Frage nach Fehlentwicklungen in Schule und Gesellschaft. Er rief dazu auf, Konsequenzen zu ziehen und Missstände zu beseitigen, die auch durch diese Gewalttat vor Augen geführt worden seien. Menschen dürften nicht nur daran gemessen werden, was sie leisteten, was sie verdienten und welche Noten sie nach Hause brächten, mahnte Schröder: »Wir wollen keine Gesellschaft, in der allein der ökonomische Nutzen des Menschen zählt«, rief er aus. Bildung müsse auch Werte, Normen und soziale Kompetenz vermitteln.