Die rot-grüne Regierungskoalition hat mit ihrer Mehrheit die umstrittene Reform zur langfristigen Stabilisierung der Rentenkassen beschlossen. Damit werden die Renten künftiger langsamer steigen als die Einkommen. In namentlicher Abstimmung sprachen sich im Bundestag 302 Abgeordnete von SPD und Grüne für das Gesetz aus, 291 votierten dagegen. Es gab eine Enthaltung, offensichtlich von dem SPD-Sozialpolitiker Ottmar Schreiner. Drei Koalitionsabgeordnete fehlten wegen Krankheit.
Geschlossenes Regierungslager
Damit zeigte sich die Koalition nach einem wochenlangen Streit um ein Mindestrentenniveau geschlossen. Die Kontroverse war am Dienstag durch einen Kompromiss entschärft worden. Danach soll das Niveau der Durchschnittsrente langfristig nicht unter 46 Prozent des Bruttoeinkommens sinken.
Ziel der Beitragsstabilität
Bundessozialministerin Ulla Schmidt (SPD) verteidigte die rot- grüne Rentenreform als Teil der notwendigen Veränderungen zum Erhalt des Sozialstaats angesichts veränderter Bedingungen in der Wirtschaft und in der Bevölkerungsstruktur. Die Reform sorge dafür, dass die Rentenbeiträge bezahlbar blieben und die Renten verlässlicher würden. Die Rentner würden weiterhin "am wachsenden Wohlstand beteiligt". Die Reform schaffe die Voraussetzung für wirtschaftlichen Aufschwung.
Sicherungsklausel als Streitpunkt
In der Rentendebatte warfen sich Regierung und Opposition gegenseitig Täuschung der Öffentlichkeit vor. Hauptstreitpunkt war die von der Koalition in das Gesetz eingefügte Sicherungsklausel. Sie soll dafür sorgen, dass trotz Fixierung des Beitragssatzes auf maximal 22 Prozent bis 2030 das Rentenniveau nicht unter 46 Prozent abrutscht. Derzeit liegt das Rentenniveau bei etwa 53 Prozent des Bruttolohnes abzüglich der Sozialbeiträge. Der von Rot-Grün in die Rentenformel eingefügte Nachhaltigkeitsfaktor bewirkt ein Absinken des Rentenniveaus, weil er das ungünstiger werdende Verhältnis von Rentnern zu Beitragszahlern berücksichtigt.
SPD sieht gerechte Reform
SPD-Vizefraktionschefin Gudrun Schaich-Walch sagte, der Nachhaltigkeitsfaktor verteile die Lasten der demographischen Entwicklung auf alle Generationen. Die Grünen-Sozialexpertin Birgitt Bender warf der Union vor, ständig Leistungsverbesserungen - etwa für Familien - zu fordern, ohne zu sagen, wie das bezahlt werden solle. Die neue Reform setze "Beitrag und Niveau ins richtige Verhältnis".

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Für CSU reine "Flickschusterei"
Der CSU-Sozialpolitiker Horst Seehofer nannte die von SPD und Grünen vorgelegten Rentenpläne "Flickschusterei". Durch den "Formelkompromiss" zum Mindestrentenniveau "ist die nächste Reform schon vorprogrammiert". Dies zerstöre das Vertrauen in die Rente. Deshalb gebe es mit der Union "keine Gemeinsamkeit". Er warf der Regierung vor, durch Rücknahme des demographischen Faktors die aktuellen Schwierigkeiten verursacht zu haben. Die künftige Rente sei nur noch eine "Basisabsicherung".