Streit um Haushalt Regierung in NRW steht auf der Kippe

In Düsseldorf steigt der Puls: Das Schicksal von Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen hängt am seidenen Faden. Es stellt sich die Neuwahl-Frage.

Neuwahlen will angeblich keine Partei in Nordrhein-Westfalen. Trotzdem manövrieren sich gerade alle fünf Landtagsparteien genau in diese Richtung. Fast zwei Jahre nach der Landtagswahl ist die rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) plötzlich in die Krise geraten.

Nachdem sie in ihrer Amtszeit mit wechselnden Mehrheiten immer wieder Klippen umschifft und Reformen durchgesetzt hat, rechnete kaum noch jemand mit einem vorzeitigen Scheitern. Dass es nun doch noch so kommen könnte, liegt nicht unwesentlich an der FDP.

Die hatte sich nämlich eine besondere Strategie für die heiß umkämpften Haushaltsberatungen 2012 ausgedacht: In der zweiten Lesung alle Einzelpläne ablehnen, dann mit der Regierung über größere Sparanstrengungen verhandeln und offen lassen, wie sich die 13 Köpfe kleine Fraktion bei der Schlussabstimmung verhält. Was raffiniert schien, scheint nicht aufzugehen: Erst kategorisch Nein sagen und dann vielleicht doch Ja oder Enthalten geht nicht, meinen die Landtagsjuristen.

Jeder hofft, dass der Andere doch noch zuckt

Nun rauchen über Nacht die Köpfe in den Fraktionen, wie die verfahrene Situation zu lösen ist. Bei der Sitzung fehlen wäre eine Möglichkeit, um sich am Mittwoch in der zweiten Lesung nicht festlegen zu müssen und Zeit für weitere Beratungen zu gewinnen. SPD und Grüne haben zusammen 90 Abgeordnete: "Alle gesund, keiner hat sich für die Sitzung entschuldigt", hieß es aus der SPD-Fraktion. CDU, FDP und Linke kommen zusammen auf 91 Abgeordnete. Wenn aus den Oppositionsreihen zwei fehlten, brächten SPD und Grüne ihren Haushalt über die zweite Runde.

Möglich wäre auch, dass FDP oder Linke sich doch noch zu einer Enthaltung durchringen, um Verhandlungsspielraum zu gewinnen. Davon wollte aber zumindest am Dienstagabend keine Seite etwas wissen. Die CDU wird den Haushalt sicher ablehnen.

Einzig die Grünen haben seit der Landtagswahl 2010 deutlich hinzugewonnen und könnten sowohl die SPD als auch die gleichauf liegende CDU an die Regierungsmacht bringen. Eine Neuauflage des weitgehend harmonisch arbeitenden rot-grünen Bündnisses hätte für die SPD aber einen höheren Preis. So spielen die Landtagsfraktionen derzeit offenbar Mikado: Jeder hofft, dass der Andere doch noch zuckt und es irgendwie weitergeht - Ausgang offen.

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