Stehender Beifall Selenskyj im Bundestag: Vorwürfe gegen Deutschland – aber auch Dank

Wolodymyr Selenskyj
Wolodymyr Selenskyj wurde in den Bundestag geschaltet
© Michael Kappeler / DPA
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wirft Deutschland vor, nicht genug getan zu haben, um den russischen Angriff auf sein Land zu verhindern. Deutschland habe daran mitgewirkt, eine Mauer zu errichten, um die Ukraine zu isolieren und Russland auszuliefern, sagte Selenskyj am Donnerstag in einer live übertragenen Video-Botschaft an den Deutschen Bundestag. Seine Worte wurden für die Abgeordneten simultan übersetzt: "Liebe Politikerinnen und Politiker, liebes deutsches Volk. Warum ist das möglich? Wir haben uns an euch gewendet. Wir haben gesagt, diese Nordstreams, das ist eine Art Vorbereitung auf den Krieg. Und dann haben wir die Antwort vernommen, es ist rein wirtschaftlich. Es ist Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft. Das war aber der Mörtel für die neue Mauer. Wir haben euch gefragt, was die Ukraine tun soll, um in die Nato zu kommen. Um Garantien für seine Sicherheit zu erhalten. Dann haben wir als Antwort vernommen, die Entscheidung ist noch nicht auf dem Tisch. Und es ist noch nicht absehbar." Selenskyj bekräftigte seine Forderung nach einer Flugverbotszone, auch um eine Luftbrücke zur Evakuierung von Zivilisten aus umkämpften Städten wie Mariupol einzurichten. "Wenn Sie sich daran erinnern, dass die Berliner Luftbrücke, die es damals gab, weil der Luftraum sicher war, damals in den 40ern, es wurden keine Bomben vom Himmel abgeworfen. Aber hier jetzt bei uns, in unserem Land, können wir keine Luftbrücke aufbauen. Vom Himmel kommen nur russische Bomben und russische Raketen." Trotz aller Kritik - Selenskyj bedankte sich auch für die Unterstützung, die die Ukraine aus Deutschland bekomme: "Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebes deutsches Volk. Ich bin sehr dankbar, an alle, die uns unterstützen. An einfache Deutsche, die den Ukrainern helfen. An die Journalisten, die ehrlich und aufrichtig ihre Sache tun und das ganze Böse zeigen, was Russland über uns gebracht hat. An die deutschen Firmen, die Moral über den Profit gestellt haben und schon diesen Schritt getan haben, die nicht nur Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft sehen. Und wir sind auch den Politikerinnen und Politikern dankbar, die doch versuchen, diese Mauer zu durchbrechen." An Bundeskanzler Olaf Scholz richtete Selenskyj zum Abschluss seiner rund zehnminütigen Rede den Appell: "Reißen Sie diese Mauer nieder, unterstützen Sie uns." Der ukrainische Präsident wurde von den Abgeordneten mit stehendem Applaus verabschiedet.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einer Videoansprache an die Bundestagsabgeordneten um mehr Hilfe für sein Land gebeten.