Mit atomrechtlichen Auflagen für das Kernkraftwerk Krümmel will Bundesumweltminister Sigmar Gabriel dafür sorgen, dass der störanfällige Reaktor nie wieder ans Netz geht. Außerdem kündigte der SPD-Politiker am Freitag eine erheblich schärfere Gangart gegenüber der Atomindustrie an, falls die Sozialdemokraten nach der Wahl weiter regieren sollten.
Das Atomkraftwerk Krümmel in Schleswig-Holstein ist wegen einer erneuten Pannenserie seit knapp einer Woche vom Netz. Nun kündigte Gabriel an, dass er ein Wiederanfahren auf Dauer unterbinden will: "Wir werden Krümmel auf Herz und Nieren prüfen und alles ermöglichen, dass Krümmel nie wieder ans Netz geht." Nach dem Atomkonsens aus dem Jahr 2000 dürfte Krümmel eigentlich noch bis etwa 2019 Strom produzieren. Der Betreiber Vattenfall hatte am Donnerstag erklärt, er werde den Meiler keinesfalls vorzeitig endgültig abschalten, denn er sei sicher.
Gabriel sagte aber, er sei sich mit der Landesatomaufsicht in Kiel einig, dass Krümmel den gerade beschlossenen, schärferen Sicherheitsregeln des neuen Kerntechnischen Regelwerks unterworfen werden solle. Gegenüber den frühen 80er Jahren - Krümmel ging 1984 ans Netz - und dem dort geforderten heutigen Stand von Wissenschaft und Technik werde sich "ein Delta" ergeben, also ein Rückstand. Die Prüfung werde auch "längere Zeit in Anspruch nehmen". Insgesamt sei er "relativ optimistisch, dass Krümmel nicht mehr ans Netz geht", betonte der Minister.
Gabriel bekräftigte die Pläne, in der nächsten Legislaturperiode das Atomgesetz zu verschärfen. Damit soll sichergestellt werden, dass Krümmel und sieben weitere ältere Reaktoren vom Netz gehen. Gabriel sagte, er werde ausschließen, dass von älteren auf jüngere Anlagen Strommengen übertragen werden. Darüber hinaus will er die Intervalle für regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen von zehn auf fünf Jahre verkürzen. Dies muss ebenfalls im Atomgesetz geändert werden. Schließlich bekräftigte Gabriel seinen Plan, über eine Brennstoffsteuer oder eine Besteuerung der Endlager-Rücklagen die Atombetreiber an den Kosten für die Sanierung der maroden Atomlager Asse und Morsleben zu beteiligen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält dagegen ein Wiederanfahren des Atomkraftwerks Krümmel unter bestimmten Bedingungen für machbar. Die technischen Schwierigkeiten müssten behoben werden und die Voraussetzungen des Atomgesetzes umfassend erfüllt sein, sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin. "Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, dann kann auch der Meiler in Krümmel ans Netz gehen." Für die Kanzlerin stehe Sicherheit an oberster Stelle, sie verbinde in der Frage des möglichen Weiterbetriebs von Krümmel keine politischen Forderungen an den Betreiber, betonte Steg.