Urteil Geiseln müssen nicht ihre für Befreiung zahlen

Mit einem Hubschraubereinsatz wurde die deutsche Geisel Reinhilt Weigel aus den Fängen kolumbianischer Gangster befreit. Das Auswärtige Amt wollte von ihr die Kosten erstattet haben. Das Gericht sieht dafür jedoch keine Rechtsgrundlage.

Im Ausland entführte Deutsche müssen nach einem Gerichtsurteil nicht für die Kosten ihrer Befreiung aufkommen. Das Berliner Verwaltungsgerichts entschied zu Gunsten der 2003 in Kolumbien entführen Physiotherapeutin Reinhilt Weigel, die gegen eine Forderung des Auswärtigen Amtes in Höhe von 12.640 Euro geklagt hatte. Die Summe war für einen Hubschraubereinsatz aufgelaufen, den die Geiselnehmer zur Bedingung für die Freilassung gemacht hatten. "Das war Teil der Befreiungsaktion", hieß es im Urteil. Das vom Auswärtigen Amt für die Forderung zu Grunde gelegte Konsulargesetz sei keine Rechtsgrundlage für eine Kostenerstattung. Das Ministerium kündigte an, Rechtsmittel gegen das Urteil zu prüfen. (AZ: VG 14 A 12/04).

Zivilrechtliche Klage noch möglich

Das Auswärtige Amt muss im Ausland entführten Deutschen grundsätzlich beistehen. Bei der Kostenerstattung bezog sich das Ministerium auf Paragraf fünf des Konsulargesetztes. In dieser Vorschrift gehe es jedoch um Fälle der finanziellen Notlage, sagte die Vorsitzende Richterin. Sie könne bei freigelassenen Geiseln eintreten, wenn es um den Rückflug in die Heimat gehe. Der Hubschrauberflug von einem Versteck zu einem sicheren Ort wie im vorliegenden Fall sei jedoch Teil der Befreiungsaktion. Ob es für das Auswärtige Amt möglicherweise noch einen zivilrechtlichen Weg gibt, Kosten für den Hubschrauber geltend zu machen, ließen die Richter offen.

Weigel war im Herbst 2003 zusammen mit anderen Ausländern von linken kolumbianischen Rebellen als Geisel genommen worden. Nach wochenlangen Verhandlungen war die Deutsche gemeinsam mit einer spanischen Geisel per Hubschrauber aus dem Versteck ausgeflogen worden. Das Auswärtige Amt hatte ihr die Hälfte der Kosten für diesen Einsatz in Rechnung gestellt.

Gesetzliche Anpassung prüfen

Die Physiotherapeutin hatte vor allem geklagt, weil sie sich gegenüber anderen ehemaligen Geiseln ungleich behandelt fühlte. Bislang seien von ehemals im Ausland Verschleppten in der Regel lediglich die Kosten für den Rücktransport nach Linienflug-Tarif berechnet worden, argumentierte ihr Anwalt Josef Mayer. Von der Göttinger Familie Wallert, die 2000 auf den Philippinen entführt worden war, habe das Auswärtige Amt knapp 6600 Euro für die "Erstattung von Auslagen" verlangt. Auch der im Jemen entführten Familie des früheren Staatssekretärs Jürgen Chrobog sei lediglich der Rückflug nach Deutschland in Rechnung gestellt worden, sagte Mayer.

Vertreter des Auswärtigen Amtes hatten im Prozess argumentiert, generell würden befreiten Geiseln bislang lediglich "individuell zurechenbare Kosten" in Rechnung gestellt. Aus Sicht des Bundesrechnungshofs sei dies viel zu wenig. Einen Vergleich, wonach Weigel rund 2500 Euro gezahlt hätte, hatte das Auswärtige Amt abgelehnt. Man wolle klären lassen, ob eine gesetzliche Anpassung notwendig ist, sagte ein Vertreter des Ministeriums in der mündlichen Verhandlung.

Reuters
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