Valognes - Kehl - Dannenberg, eine Reise mit dem Zug durch die Lande könnte so romantisch sein. Handelte es sich bei diesen Orten nicht um Zwischenstationen auf dem Weg vom nordwestfranzösischen La Hague ins niedersächsische Gorleben. Denn er rollt wieder an: der Castor, der gusseiserne Behälter für die trockene Zwischenlagerung abgereicherter Brennelemente. Mit 85 Tonnen hoch radioaktiven Glaskokillen bepackt, aufbewahrt in insgesamt sechs Behältern, startet der Zug am 25. März. Einen davon hat die französische Atomfirma Cogema bereits auf den Weg von der Wiederaufbereitungsanlage zum nahe gelegenen Verladebahnhof in Valognes gebracht. User können sich im Internet umfassend über das Ereignis informieren. Auf der Website der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg erfahren sie etwa durch Klick auf den Button »Castor-Alarm«, wo sich der schwer bewachte Zug zur Zeit befindet. Fundiertes Hintergrundwissen zum Castor kann ebenso in einem Service-Angebot des RWE-Konzerns abgerufen werden.
Auch die Demonstranten werden wieder kommen. Schienen und Straßen blockieren, Barrieren errichten, Bombenattrappen legen, sich mit Polizeikräften Scharmützel liefern – wie bei jedem Transport des Gefahrenguts in der Vergangenheit. Die meisten Anhänger der Anti-Atombewegung wollen aber friedlich protestieren. In Lüneburg genehmigte die Stadtverwaltung bereits eine für den 24. März geplante Demonstration gegen den bevorstehenden Transport, schränkte aber die Versammlungsfreiheit im Transport-Korridor ein. Interessant für Chatter: die Bezirksregierung von Lüneburg hat auf einer Service-Site ein Diskussionsforum eingerichtet und ruft dort zu Besonnenheit auf. Rund um das Zwischenlager formiert sich aber schon der Widerstand. Happening-Künstler von Greenpeace wurden schon auf dem Gelände gesichtet und Bauern wollen mit Treckern eine »Stunkparade« veranstalten. Einem erhöhten Strahlenrisiko werden Demonstranten und Polizisten bei dem Transport allerdings nicht ausgesetzt sein, wie das Bundesamt für Strahlenschutz angibt.
Indessen hat Bundesinnenminister Schily Kernkraftgegner vor Blockaden des Transports gewarnt. Sie seien ein klarer Rechtsbruch, denn ein Bürgerrecht auf zivilen Ungehorsam gebe es in einem Rechtsstaat nicht. Die Parteispitze der Grünen hatte sich dagegen auf dem letzten Parteitag mit der Basis auf den Kompromiss geeinigt, dass die Grünen nicht zu Blockaden aufrufen werden, ihren Mitgliedern eine Teilnahme aber freistellen. Üppiges Informationsmaterial zum Atomkonsens - oder in der Sprache der Fundis zum »Nonsens-Konsens« -, erhalten User online beim Bundesumweltministerium.
Dusko Vukovic