Griechenlands Finanzminister Varoufakis "Geld der Deutschen ist in schwarzem Loch verschwunden"

In einem Interview spricht Yanis Varoufakis davon, dass die Hilfsgelder bisher eher den Banken anstatt den Griechen geholfen hätten. Er wirft den Geldgebern vor, die Verhandlungen zu torpedieren.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat in einem Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel" deutliche Aussagen über die Hilfsgelder für sein Land gemacht. Die Zahlungen, die Deutschland bereits im Rahmen des ESM an Griechenland geleistet habe, seien "in einem schwarzen Loch verschwunden". Statt den Griechen seien sie nur den Banken zu Hilfe gekommen. "Die Bankenrettung wurde als Griechenlandrettung verkauft." Das habe Griechen und Deutsche gegeneinander aufgebracht, sodass die anti-europäischen Stimmen immer lauter würden. Um diese Krise zu überwinden, sieht der griechische Finanzminister Deutschland in einer Führungsrolle. "Es kann nicht sein, dass Deutschland von Griechenland verlangt, mehr von der Medizin zu schlucken, die Teil des Problems und nicht der Lösung ist."

Harte Haltung der Troika

In dem Interview übt der 54 Jahre alte Wirtschaftswissenschaftler zudem scharfe Kritik an den Gläubiger-Institutionen. Sie würden die Verhandlungen regelrecht torpedieren. Zwar habe es bei den monatelangen Gesprächen in der sogenannten Brüsseler Gruppe beiderseitige Annäherung der Positionen gegeben und Griechenland habe bei strittigen Punkten durchaus eingelenkt. Das Angebot, das der griechische Ministerpräsident Tsipras nun von EU-Kommissionspräsident Juncker, Kanzlerin Merkel und dem französischen Präsidenten Hollande erhalten habe, sei hingegen so, als ob die Gespräche nie stattgefunden hätten.

Als Beispiel nennt Varoufakis die Mehrwertsteuererhöhung, die er als "sehr problematisch" für die griechische Bevölkerung einstuft. Sie sei von griechischer Seite zähneknirschend in den Vorschlag aufgenommen worden, um "guten Willen" und "ernsthaftes Interesse" der griechischen Regierung an einer Einigung zum Ausdruck zu bringen.

Umschuldung und Investitionsprogramm

Varoufakis sieht nun die Troika am Zug. Er fordert eine Umschichtung der Schulden und schlägt zudem vor, die Zinsen, die durch die Zahlungen aus dem Euro-Rettungsschirm ab 2021 fällig werden, an das Wirtschaftswachstum zu koppeln: "Wenn wir schneller wachsen, zahlen wir mehr, wenn nicht, weniger."

Doch das Angebot an Tsipras greife Vorschläge wie diesen nicht auf. Varoufakis unterstreicht, dass man sich ohne ein Entgegenkommen von Gläubiger-Seite nicht einigen werde: "Bis wir diese beiden Themen, die Umschuldung und das Investitionsprogramm, besprochen haben, läuft bei uns nichts." Er will von den Institutionen konkrete Lösungsansätze: "Was sie vorschlagen ist nur die Fortsetzung der Krise." Die Troika fordere nur Rentenkürzungen und Massenentlassungen in den wenigen großen Unternehmen, die es in Griechenland noch gebe.

Kritik an griechischen Gesetzen

In dem Gespräch wehrt sich Varoufakis auch gegen Vorwürfe, die erlassenen Gesetze zur Steuer-Amnestie würden reiche Steuerkriminelle schützen. Er habe nur 100 Steuerprüfer zur Verfügung, Steuersünder gerichtlich zu verfolgen dauere zu lange und sei zum aktuellen Zeitpunkt nicht zielführend.

jho