Fried - Blick aus Berlin Scholz entlässt Lindner – und dessen Pensionsanspruch gleich mit

Lindner hinter Ampelfarbigen Bouquet Flecken
Christian Lindner muss sich nun auch Gedanken um seine Rente machen
© Stern-Montage: Fotos: Getty Images (2)
Drei FDP-Politiker sind nicht mehr Minister. Das kommt sie auch finanziell teuer zu stehen. Eine kleine Reise durch den Pensionsdschungel der Politik.

Olaf Scholz hat Christian Lindner rausgeworfen. Schon die Wutrede, die der Kanzler hinterher hielt, dürfte dem Finanzminister nicht gefallen haben. Aber mit dem Rauswurf hat Olaf Scholz auch dafür gesorgt, dass Lindner noch in vielen Jahren an diesen Abend denken wird.

Es geht um die Versorgungsansprüche, die Lindner sowie seine FDP-Kabinettskollegen Marco Buschmann und Bettina Stark-Watzinger als Bundesminister erworben haben. Oder besser: nicht erworben haben. Nach Lage der Dinge schlägt sich das vorzeitige Ausscheiden der Minister auch in ihrem Geldbeutel nieder. Begleiten Sie mich auf eine kleine Reise durch den Dschungel der Rechtslage, liebe Leserinnen und Leser, und erleben Sie eine schöne Geschichte darüber, dass die Politik entgegen landläufiger Meinung kein Selbstbedienungsladen ist.

Natürlich fallen die drei Liberalen kurzfristig nicht allzu hart, da sie alle auch über ein Bundestagsmandat verfügen, jedenfalls bis zu den Neuwahlen. Trotzdem wird das Geld in den liberalen Portemonnaies, nun ja, knapper. Bislang erhielten Lindner, Buschmann und Stark-Watzinger das volle Ministergehalt (monatlich rund 18.000 Euro brutto) plus eine halbierte Abgeordnetenentschädigung (knapp über 5500 Euro). Ab Dezember erhalten sie ein Übergangsgeld, das aber alsbald mit ihrer jetzt wieder vollen Abgeordnetenentschädigung (rund 11.000 Euro) verrechnet und so praktisch aufgebraucht wird.

Bitter wird es für die FDP-Minister beim Thema Rente

Schmerzhaft könnte es im Ruhestand werden. Lindner, Buschmann und Stark-Watzinger waren knapp drei Jahre im Amt. Ein Bundesminister erwirbt laut Paragraf 15 Bundesministergesetz aber erst nach vier Jahren den Anspruch auf eine Pension. Die beträgt im Monat komfortable 4990 Euro. Dumm gelaufen für die FDP-Leute.

Gemach, gemach. Die Juristen unter Ihnen kennen selbstverständlich die Klausel des Paragrafen 15, wonach unter bestimmten Bedingungen für Minister, die nicht vier, aber mindestens zwei Jahre im Amt waren, eine Sonderregelung gilt. Sie nennt sich rechtliche Fiktion. Bei diesen Ministern wird so getan, als seien sie insgesamt vier Jahre im Amt gewesen, mindestens zwei Jahre tatsächlich und den Rest nur fiktiv.

Na, dann ist doch alles dufte für die drei Liberalen! Politik ist eben doch ein Selbstbedienungsladen. Mitnichten. Eine Kurve gehen wir noch. Der Knackpunkt sind die bestimmten Bedingungen, unter denen die Minister vorzeitig ihr Amt verloren haben. Um in den Genuss der rechtlichen Fiktion zu kommen, muss ein Minister entlassen worden sein, weil der Bundeskanzler aus seinem Amt geschieden ist, etwa durch ein konstruktives Misstrauensvotum. Ein anderer Grund ist die Auflösung des Bundestages. Beides ist aber nicht der Fall.

Der Kanzler ist bekanntlich immer noch Kanzler. Lindner wurde entlassen, weil Scholz ihn nicht mehr als Finanzminister wollte, Buschmann und Stark-Watzinger sind zurückgetreten. Und den Bundestag hat der Bundespräsident auch noch nicht aufgelöst. Lindner, Stark-Watzinger und Buschmann haben somit als Minister keine Pensionsansprüche erworben.

Eins noch: Wäre Scholz an jenem Mittwoch dem Vorschlag Lindners gefolgt, bis zur Auflösung des Bundestages für vorgezogene Neuwahlen als Regierung zusammenzubleiben, hätte die rechtliche Fiktion gezogen und die drei Minister hätten Pensionsansprüche gehabt. So sauer, wie der Bundes-Olaf an dem Abend war, könnte man fast auf die Idee kommen, er habe Lindner das mit Absicht versaut.

Erschienen in stern 47/2024

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