Oetker-Entführung "Die Opfer bekommen lebenslänglich"

Der Fall Richard Oetker war einer der spektakulärsten Entführungen der Bundesrepublik. Nach seiner Aussage vor Gericht schwieg der Industriellensohn. Bei stern TV gab er sein erstes Fernseh-Interview.

Am 14. Dezember 1976 wird der damals 25-jährige Richard Oetker entführt. Zwei Tage ist der fast zwei Meter große Mann in einer engen Holzkiste eingesperrt. Besonders perfide: Der Entführer fesselt sein Opfer und schließt die Fesseln an einen Stromkreis an. Versehentlich wird ein Stromschlag ausgelöst. "In dem Moment dachte ich, jetzt geht mein Leben zu Ende, jetzt werde ich getötet", erzählt Oetker.

Er überlebt - schwer verletzt: Durch den Stromschlag ziehen sich die Muskeln zusammen, der Körper führt ruckartig unkontrollierte Bewegungen aus. Oetker bricht sich zwei Brustwirbel und die Hüfte. Durch beengte Lage in der Kiste wird außerdem die Lunge gequetscht, Teile des Organs sterben fast ab. Die Verletzungen Oetkers sind lebensbedrohlich.

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Gelungene Geldübergabe

Der Entführer verlangt 21 Millionen Mark von Oetkers Familie. Die Übergabe gelingt im Münchner Stachus, der Entführer entkommt durch eine Stahltür in den Gängen des U-Bahn-Verkehrsknotenpunktes. Sein Opfer lässt er daraufhin am Rande eines Waldes in Freising in einem Auto auf der Rückbank zurück.

Die Polizei findet Oetker, drei Monate muss er im Krankenhaus verbringen. Erst nach mehrjährigen Reha-Maßnahmen kann Oetker wieder ohne Gehhilfen laufen; schwerwiegende körperliche Beeinträchtigungen hat er bis heute.

Zwei Jahre später fasst die Polizei den Entführer: Dieter Zlof. Bis zu diesem Zeitpunkt hat Oetker nicht ausschließen können, dass einer seiner Bekannten als Tippgeber fungiert hatte. "Das war eine sehr belastende Zeit." 1980 kommt es zum Prozess, Zlof verleugnet die Tat. Oetker trifft im Gerichtssaal wieder auf seinen Peiniger: "Als ich seine Stimme hörte und den Nachbau der Kiste sah, war das für mich sehr belastend."

Und noch etwas erscheint ihm befremdlich: Zunächst stürzt sich eine Horde von Medienvertretern auf den Industriellensohn. Doch als Zlof den Saal betritt, drehen sich alle um - und konzentrieren sich nur noch auf den Täter. Das Opfer steht im Abseits.

Nach seiner Aussage vor Gericht hat Oetker nie wieder öffentlich über die Entführung gesprochen. Stattdessen hat er es sich zur Aufgabe gemacht, andere Opfer zu unterstützen - Oetker engagiert sich seit Ende der 80er Jahre im Weißen Ring, der Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer. Der Verein ist 1976 gegründet worden - wenige Monate vor der Entführung Oetkers.

Erstes Live-Interview

Zum Tag des Kriminalitätsopfers hat Richard Oetker nun zum ersten Mal ein Live-Interview im Fernsehen gegeben - und sprach mit Günther Jauch über seine furchtbaren Erlebnisse vor 30 Jahren, "als Stimme jener Opfer, die keine Stimme haben."

"Der Täter wurde damals zu 15 Jahren Haft verurteilt", sagt Richard Oetker, "doch Opfer bleibt man lebenslang."

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