In einem Holocaust-Museum in Israel ist überraschend das Tagebuch einer jungen Frau aus dem Aufstand im Warschauer Ghetto aufgetaucht. Das Dokument der unbekannten Verfasserin ist vermutlich der einzige direkt verfasste Augenzeugenbericht aus dieser Zeit. Sie harrte mit anderen Ghetto-Bewohnern in einem Keller aus; ihr weiteres Schicksal ist unbekannt.
Auf sechs Seiten hält das Tagebuch die Eindrücke von neun Tagen fest, vom 24. April bis zum 2. Mai. "Das Ghetto brennt den vierten Tag", schrieb sie in polnischer Sprache. "Man sieht nur noch die Kamine und die Skelette ausgebrannter Häuser." Mit täglich einer Suppe und einer Tasse Kaffee hielt sich die junge Frau am Leben. Der letzte Eintrag scheint anzudeuten, dass sich die Bewohner in dem überfüllten Kellerverlies mit dem Gedanken an den Tod vertraut machten: "Wir leben diesen Tag, diese Stunde, diesen Augenblick."
"Einzigartiges Tagebuch"
Das Dokument ist Teil einer Sammlung, die nach dem Krieg von Adolf-Abraham Berman zusammengetragen wurde. Der Überlebende aus dem Ghetto ging nach dem Krieg nach Israel. Berman gab die Dokumente in den 70er Jahren an das Haus der Ghetto-Kämpfer im Kibbutz Lochamei Haghettaot im Norden Israels. Historiker erkannten erst kürzlich die Bedeutung des Dokuments, als sie das Berman-Archiv für eine öffentliche Präsentation sichteten. Das Tagebuch sei einzigartig, sagte Archivdirektor Jossi Schawit. Alle anderen Berichte über den Aufstand seien erst danach entstanden.
Zu Beginn des Aufstands lebten nur noch etwa 60.000 von ursprünglich 450.000 Juden in dem Ghetto. Zahllose Menschen starben an Hunger oder wurden in NS-Vernichtungslager geschickt. Die Aufständischen hielten 27 Tage aus, während die Deutschen das Ghetto niederbrannten.