Nach Abgeordneten-Rausschmiss "Koloniale Schlinge": Parlament in Neuseeland ändert die Kleiderordnung

Rawiri Waititi simuliert eine Schlinge während seiner Antrittsrede im Dezember 2020 in Wellington
Bereits in seiner Amtsantrittsrede sprach sich Waititi gegen die Kleiderordnung im Parlament aus
© TVNZ / AFP
Weil ein Abgeordneter der neuseeländischen Maori-Partei sich weigerte im Parlament eine Krawatte zu tragen, wurde er des Saals verwiesen. In der anschließenden Debatte wurde die Krawattenpflicht aufgehoben.

Rawiri Waititi, Ko-Vorsitzender der Maori-Partei, wurde während einer Parlamentssitzung in Neuseeland des Saals verwiesen. Der Grund: Waititi hatte sich geweigert eine Krawatte zu tragen – er sah in dem Accessoire ein Symbol der Unterdrückung von Indigenen. Inzwischen wurde die Kleiderordnung angepasst.

"Es geht nicht um Krawatten, es geht um kulturelle Identität, Kumpel"

Ausgangspunkt für den Eklat ist eine Vorschrift, nach der männliche Abgeordnete im neuseeländischen Parlament nur dann eine Frage stellen dürfen, wenn sie Krawatte und Jackett tragen. Bevor Waititi aus dem Plenarsaal geworfen wurde, hatte ihn Parlamentspräsident Trevor Mallard zweimal daran gehindert, Fragen an die Anwesenden zu stellen.

"Es geht nicht um Krawatten, es geht um kulturelle Identität, Kumpel", sagte Waititi beim Verlassen des Plenarsaals. Seinen Rausschmiss durch Mallard nannte er "unverschämt". Indem er einen Hei-Tiki, einen traditionellen Grünstein-Anhänger trug, sei er in Geschäftskleidung erschienen. Krawatten bezeichnete der Abgeordnete als "koloniale Schlinge". Die Ko-Vorsitzende der Partei, Debbie Ngarewa-Packer, die selbst eine Krawatte trug, verteidigte ihren Parteikollegen – zunächst jedoch ohne Erfolg.

Es war nicht das erste Mal, dass der Maori-Politiker und der Parlamentspräsident bei diesem Thema aneinander gerieten. Bereits Ende letzten Jahres sei Waititi mit einem Rauswurf gedroht worden, weil er keine Krawatte tragen wollte. In seiner ersten Rede im Parlament sagte er: "Nehmt die Schlinge um meinen Hals, damit ich mein Lied singen kann". Mallard selbst sei jedoch gar kein Verfechter der strengen Kleiderordnung. Er befürworte sogar eine Änderung der Vorschrift, doch hätten sich zahlreiche Abgeordnete für die Beibehaltung der Krawattenpflicht ausgesprochen. Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern maß der Diskussion hingegen wenig Bedeutung bei: "Ich glaube nicht, dass die Neuseeländer sich für Krawatten interessieren", sagte laut "BBC".

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Krawattenpflicht aufgehoben: "ein Sieg für alle Maori"

Weil der erneute Vorfall auch über die Grenzen Neuseelands hinaus Beachtung fand, debattierte ein Ausschuss unter der Leitung des Parlamentspräsidenten. Das Ergebnis: Die Krawattenpflicht im Parlament wurde aufgehoben: "Das Komitee hat keinen Konsens erreicht, aber eine Mehrheit des Komitees war dafür, das Krawattenpflicht aufzuheben", schrieb Mallard in einer Erklärung. Zuvor sei es Waititi gestattet worden, ohne Krawatte im Plenarsaal Fragen zu stellen. In einer Stellungnahme auf Facebook begrüßte die Maori-Partei die Entscheidung und bedankte sich bei allen Unterstützern. "Hier ging es nie nur um eine Krawatte. Die Krawatte steht symbolisch für alles, was in diesem Land falsch ist", heißt es dort. Es sei ein Sieg für alle Maori.