Wenn Politiker ehrlich beschreiben, was ihre Partei dauerhaft erfolgreich macht, reden sie selten über das Programm, öfter übers Personal, am häufigsten aber über einen anderen Punkt: Geschlossenheit. Ex-SPD-Chef Franz Müntefering sagte das einmal so: "Die Menschen wählen keine Selbstfindungsgruppen."
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Als zerstritten wahrgenommene Parteien fallen bei den Bürgern durch. Das ist einer der Gründe, warum die beiden Volksparteien zusammen derzeit nur noch 57 Prozent der Stimmen bekämen. Vor allem die SPD leidet unter dem desaströsen Bild, das sie seit Monaten bietet. Sie habe "mehr als genug" Eigentore geschossen, klagt etwa Umweltminister Sigmar Gabriel. Nur eine verschwindende Minderheit von sieben Prozent der Wähler attestiert den Sozialdemokraten noch Geschlossenheit - 82 Prozent empfinden sie als zerstritten, ermittelte das Forsa-Institut für den stern. Das dürfte so bleiben, bis die SPD Kanzlerkandidaten (Beck oder Steinmeier), Kurs (links, rechts, Mitte) und Koalitionspräferenz (Ampel, Rot-Rot-Grün) klarer bestimmt hat als bisher.
Ein schwacher Trost: Der Union geht es im Moment auch nicht wirklich gut. Nur noch ein Drittel der Bürger sieht die CDU/CSU als geschlossen an, 54 Prozent halten sie für zerstritten. Für das schwarze Lager, das sonst weit weniger zänkisch veranlagt ist als die Sozialdemokraten, ein ungewöhnlich schlechter Wert. Schuld ist in erster Linie der Zoff zwischen CDU und der CSU, die in Bayern um ihre absolute Mehrheit fürchtet und so lautstark wie erfolglos für eine stärkere Entlastung der Pendler und Steuerzahler streitet. Das Problem der Union sei ein "akutes", sagt Forsa-Chef Manfred Güllner, das der SPD dagegen sei "fundamental". Völlig unberührt bleibt davon die Kanzlerin. Seit Monaten würden sie rund 60 Prozent der Deutschen wieder wählen. Offenbar erscheint Angela Merkel ihnen als eine Art in sich geschlossenes System.
In der wöchentlichen Politumfrage im Auftrag des stern stieg die Union im Vergleich zur Vorwoche um einen Punkt auf 36 Prozent. Die Sozialdemokraten legten um ebenfalls einen Punkt auf 21 Prozent zu. Im Gegenzug mussten Liberale und Linkspartei Einbußen hinnehmen: Die FDP fiel um einen Punkt auf 13 Prozent, die Linke um ebenfalls einen Punkt auf 14 Prozent. Die Grünen kommen wie in der Vorwoche auf elf Prozent. Für "sonstige Parteien" würden sich unverändert fünf Prozent der Wähler entscheiden.
Union und FDP liegen mit gemeinsam 49 Prozent weiter drei Punkte vor SPD, Grünen und Linkspartei (zusammen 46 Prozent).
Das Forsa-Institut befragte zwischen dem 9. und dem 13. Juni 2501 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger.