Erstmals in der Geschichte Lettlands haben die Wähler in einer vom Präsidenten anberaumten Volksabstimmung für die Auflösung des Parlaments votiert. 95 Prozent der teilnehmenden Wähler stimmten am Samstag dem Gesuch des inzwischen nicht mehr amtierenden Staatschefs Valdis Zatlers zu und machten damit den Weg für vorgezogene Neuwahlen frei. Zatlers hatte das Referendum wegen einer Korruptionsaffäre unter den Abgeordneten angesetzt.
Vorläufigen Angaben der Wahlkommission zufolge wurde Zatlers' Forderung, das Parlament aufzulösen, mit einem Stimmenanteil von 94,76 Prozent unterstützt. Zatlers hatte die Volksabstimmung Ende Mai angesetzt, nachdem sich die Parlamentarier geweigert hatten, die Immunität eines unter Korruptionsverdacht stehenden Abgeordneten aufzuheben. Nur rund fünf Prozent der teilnehmenden Wähler lehnten seinen Vorstoß ab. Die Wahlbeteiligung laut nach Angaben des staatlichen Fernsehsenders LTV bei 45 Prozent. Das offizielle Abstimmungsergebnis sollte am Dienstag bekanntgegeben werden.
Kampf gegen Korruption
Zatlers hatte seinen in der Geschichte Lettlands bislang einmaligen Schritt mit der Notwendigkeit begründet, etwas gegen die Macht der "Oligarchen" zu unternehmen. Während seiner Amtszeit hatte er die Abgeordneten immer wieder dazu angehalten, den Kampf gegen die Korruption aufzunehmen und das Vertrauen der Bürger in die parlamentarische Demokratie zu festigen. Sein Vorstoß für das Referendum kostete Zatlers allerdings Anfang Juni die Wiederwahl durch die Abgeordneten: Sein Amtsnachfolger wurde der Ex-Banker Andris Berzins.
Die hundert Abgeordneten des jetzigen Parlaments waren erst im vergangenen Oktober neu gewählt worden. Die Bevölkerung ist mit ihnen nicht gerade zufrieden: Nur 15 Prozent der Letten sind laut einer Umfrage des Instituts SKDS der Ansicht, dass sie ihre Arbeit besser erledigen als ihre 2006 gewählten Vorgänger. Die ehemalige Sowjetrepublik Lettland mit ihren 2,2 Millionen Einwohnern ist seit 2004 Mitglied der Europäischen Union.