Es gibt ein spanisches Sprichwort, das da lautet: "Pagan justos por pecadores" - die Rechtschaffenden zahlen für die Sünder. So geschehen auf Mallorca. Denn in den Lokalen der gerade bei Deutschen beliebten "Bier-" und "Schinkenstraße" an der Platja de Palma wurde vor wenigen Tagen dermaßen hemmungs- und kopflos - das heißt ohne Maske und Sicherheitsabstand - gefeiert, dass in der Partystraße gleich wieder Schluss ist.
Kaum waren sie eröffnet, sind sie schon wieder dicht. Für zunächst zwei Monate werden die Partymeilen in Ballermann-Nähe und in Puerto Ballena, der Briten-Hochburg Magaluf westlich von Palma, trockengelegt.
Mallorca soll kein zweites Ischgl werden
Ab sofort herrscht wieder Maskenzwang – inselweit. Auch friedliche Urlauber am Pool in den Pauschalhotels zwischen Andratx im Westen und Cala Millor im Inselosten spüren die Auswirkungen. Erst recht beim Rückflug, wenn sie am Flughafen Palma in der Check-in-Schlange stehen oder neben eventuell infizierten "Ballermännern" im Flugzeug sitzen.

Iago Negueruela, der Tourismusminister der Balearen, fand drastische Worte: "Wir wollen diese asozialen Touristen hier nicht haben. Sie sollen nicht kommen." Man dürfe nicht zulassen, "dass einige wenige dem Image der Inseln Schaden zufügen" und die Erfolge der Balearen im Kampf gegen die Pandemie aufs Spiel setzten.
Doch kennen die Verantwortlichen ihre Klientel nicht richtig? Wer wochenlang um die Rückkehr der Urlauber buhlt, weil angeblich 200.000 Arbeitsplätze auf den Balearen auf dem Spiel stehen, muss sich über das Verhalten einiger treuer Stammgäste am Ballermann und in Magaluf nicht wundern. Bekanntlich fallen dort alle Hemmungen, auch schon am späten Vormittag.

Zwei Dinge passen eben nicht zusammen: schneller Alkoholkonsum und ein Mund-Nase-Schutz. Allenfalls kann man ein Loch in die Maske für den Strohhalm stanzen, um sich so bequemer die Sangria-Flüssigkeit einzuflößen. Aber bekanntlich ist das Sangria-aus-Eimern-Saufen seit einiger Zeit am Ballermann untersagt.
Zurück zur alten Normalität
Noch Mitte Juni funktionierte mit den ersten Feriengästen aus Deutschland der Feldversuch unter Corona-Bedingungen. Zum Neustart der Sommersaison hielten sich die wenigen Test-Urlauber an die Abstandregeln.
Doch Mallorca setzt nicht auf Individualtourismus, sondern weiterhin auf Volumentourismus. Die Masse macht bekanntlich die Marge. Und das Hygienekonzept in den Amüsiermeilen ist am Wochenende gründlich in die Hose gegangen. Da wäre Selbstkritik auf beiden Seiten angebracht: bei den Betrieben und den Feiernden. Die verkennen die Covid-19-Realität, sind resistent gegenüber der neuen Normalität mit Maske und trinken sich zurück in die alte Normalität - so wie jeden Sommer.
Wohin Mallorcas Ökosteuer-Millionen fließen

Ohne Plan entstand das Touristenzentrum im Westen Ibizas mit seinen berühmten Sunset-Bars. Jetzt sieht ein auf fünf Jahre angelegtes Großprojekt den Bau von Kläranlagen und die Schaffung einer durchgehenden Promenade für Fußgänger und Fahrradfahrer um die gesamte Bucht vor. Kostenpunkt: 10 Millionen Euro.
Zwar gehören "Bier-" und "Schinkenstraße" zur DNA von Mallorca. Aber das Gute an der Insel ist ihre Vielseitigkeit. Ob Feiern am Strand, Fahrradfahren in der Serra de Tramuntana oder Finca-Ferien mit der Familie auf dem Lande, hier kann jeder nach seiner Façon im Urlaub glücklich werden.
Die Tourismus-Verantwortlichen auf den Balearen haben es in der Hand und müssen sich entscheiden, welchen Urlaubsformen sie auf ihren Inseln eine Zukunft geben. Sich über die "falschen" Gäste zu beschweren reicht da nicht. Die Einheimischen stecken alle in dem Dilemma, wie es kürzlich auf der fast von Touristen leeren Nachbarinsel Menorca der Journalist Martí Estruch Axmacher in VilaWeb.cat ausdrückte: "Entweder sterben wir an Hunger, weil wir keine Arbeit mehr haben - oder an Corona."
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