Italien Erst Killerquallen, nun Killeralgen

Sommer, Sonne, Strand in Bella Italia? Dieses Jahr sieht es zumindest mit letzterem für Urlauber im Süden düster aus. Denn nach einer Quallenplage in Spanien machen jetzt Killeralgen die Strände Italiens unsicher.

Urlauber in Italien lernen derzeit ein ganz neues Vokabular: "Ostreopsis ovata", "Gymnodinium", "Dinophysis caudata" und "Caulerpa taxifolia" - so lauten die wissenschaftlichen Namen der giftigen Mikroalgen, die in Genua und rund um Rom das Mittelmeer verschmutzen. Nach Meinung von Wissenschaftlern sind die steigenden Wassertemperaturen für die Meeres-Misere verantwortlich. Sie böten den Algen einen perfekten Lebensraum. "Das Mittelmeer wird langsam tropisch" sagt Umweltschützerin Lucia Venturi von der Organisation Legambiente. Jetzt hat Umweltminister Alfonso Pecoraro Scanio einen Krisenstab eingerichtet, der das Phänomen der Giftalgen erforschen soll.

"Eine absolute Weltneuheit"

Im römischen Badevorort Fregene, wo sich einst Federico Fellini und Filmstars in den Fluten aalten, gleicht das Wasser seit Wochen einer braun-grünen Suppe. Allergien und Hautausschläge drohen. Deshalb wurden dort - wie auch in Focene und Santa Marinella - bereits vorübergehend die Strände gesperrt. "Gymnodinium" heißt der Übeltäter in der Region Latium, der auch auf Fische giftig wirkt. In Genua, wo bereits mehrere Krankheitsfälle gemeldet wurden, hat sich hingegen die "Ostreopsis ovata" im Meer ausgebreitet, eine winzige tropische Giftalge. "Baden verboten", heißt es deshalb auch an allen Stränden der ligurischen Metropole.

Wahrscheinlich seien diese Lebewesen an Schiffen haftend vom Pazifik ins Mittelmeer gelangt, meint Meeresbiologe Roberto Poletti. "Aber was in diesem und im vergangenen Jahr in Italien passiert ist, ist eine absolute Weltneuheit", sagt er. Bereits im Sommer 2005 mussten sich in Genua an einem einzigen Tag 180 Menschen mit Algenallergien behandeln lassen. "Die Ostreopsis ist ja auch im pazifischen Ozean und in der Karibik präsent, aber nur in Italien sind bisher Vergiftungen beim Menschen aufgetreten", erklärt der Wissenschaftler.

Einsatz von Expertentrupps

Dem Tourismus scheinen die Killeralgen und das schleimige Wasser unterdessen noch nicht geschadet zu haben: In der Region Latium habe der Sektor sogar ein Plus von 5,3 Prozent verzeichnet, berichtete die Zeitung "Corriere della Sera". Und um verschreckten Urlaubern zu beweisen, dass das Meer in Fregene doch nicht so schmutzig ist, ließ sich jetzt Bürgermeister Mario Canapini beim Baden fotografieren. "Das Wasser hier ist sicher", meint er.

Nur: Wassertemperaturen von teilweise bis zu 30 Grad - das gab es früher im "Mediterraneo" nicht. Welche Folgen der Klimawandel auf lange Sicht haben wird, ist heute noch nicht absehbar. Aber ein anderer, für Urlauber manchmal schmerzhafter Effekt sind die Quallen, die sich vor Sizilien und den Äolischen Inseln sprunghaft vermehrt haben.

Als Sofortmaßnahme soll jetzt eine Einsatztruppe von Experten die Giftalgen rund um Rom erforschen. Eine Million Euro stellte die Region dafür bereits zur Verfügung. Auch in Ligurien werden Biologen und Chemiker das Wasser testen. "In einer Woche, wenn die Kontrollen und Analysen abgeschlossen sind, werden wir den zuständigen Autoritäten ein genaueres Bild davon geben können, was im Wasser des Golfes von Ligurien geschieht", sagt der Experte Silvio Greco vom italienischen Meeresforschungsinstitut ICRAM überzeugt.

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Carola Frentzen/DPA

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