Kreuzfahrtschiff "MSC Fantasia" G8-Gipfel geht an Bord

Heiligendamm glich 2007 einer Festung. Im japanischen Toyako igelten sich die Staats- und Regierungschefs im vergangenen Jahr ein. In diesem Jahr gehen die Politiker der acht führenden Industrienationen aufs Wasser.

Keine Zäune, keine Straßensperren und keine lästigen Demonstranten vor den Fenstern: Der G8-Gipfel, der in diesem Jahr von Italien ausgerichtet wird, findet auf einem Kreuzfahrtschiff statt. Leinen los - und die Proteste verhallen an Land. Das ist zumindest der Plan von Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi.

Die italienische Reederei MSC stellt ihren jüngsten Neubau vom 8. bis 10. Juli für die Politprominenz zur Verfügung. Die "MSC Fantasia" wurde erst im Dezember getauft, schippert im Sommer durchs Mittelmeer. In der Gipfelwoche sollte das 333 Meter lange Schiff eigentlich mit knapp 4000 Passagieren zwischen Italien, Tunesien, Spanien und Frankreich kreuzen. In den 99 bis zu 65 Quadratmeter großen Luxuskabinen sollten die Gäste mit einem Butlerservice und in privaten Spas verwöhnt werden.

Feriengäste werden ausgeladen

Aber wenn Ministerpräsident Silvio Berlusconi bittet, lässt MSC-Chef Pierfrancesco Vago sofort das Schiff evakuieren. „Wir sind sehr stolz, bei diesem Event mit im Boot zu sein“, freut sich der Reeder aus Neapel und quartiert die bereits gebuchten Passagiere aus den 1637 Kabinen kurzerhand aus. Sie müssen nun mit anderen Schiffen vorlieb nehmen, damit Obama, Merkel, Sarkozy & Co. ganz in Ruhe die Lage der Welt diskutieren können, während das Schiff sanft auf den Wellen des Mittelmeers schaukelt.

Bereits vor zwei Jahren hatte der damalige italienische Regierungschef Romano Prodi angekündigt, den Gipfel auf dem Inselarchipel La Maddalena vor Sardinien organisieren zu wollen. Die Inselgruppe liegt nordöstlich von Sardinien, in Sichtweite zu Korsika, hat 11.000 Einwohner und wurde bis Anfang vergangenen Jahres vom US-Militär als Nato-Basis genutzt.

Erinnerungen an Genua-Gipfel

Kritiker warfen Prodi vor, den Gipfel abschotten zu wollen. 2001 war es in Genua erstmals zu schweren Ausschreitungen gekommen, bei denen ein Demonstrant erschossen wurde. Auch damals fand der Gipfel auf einem Schiff statt, das aber im Hafen liegen blieb.

Berlusconi wollte den Gipfel in Neapel abhalten, um das Image der Stadt aufzupolieren. Doch die Planungen waren schon zu weit fortgeschritten, zu viel Geld ist bereits in den Ausbau des kleinen Flughafens investiert worden. Der Bau einer Schnellstraße hat begonnen. Bleibt für Kreuzfahrtfan Berlusconi noch die Möglichkeit, seine Gäste per Schiff an Neapel vorbeiführen und davon überzeugen, dass die kampanische Metropole frei von Mafia- und Müllmief ist.

swd

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