In der Kabinen-Crew von Ryanair zu arbeiten, war der schlimmste Job den Joseph (Name geändert) jemals hatte. Das gestand der 23-Jährige dem "Independent". Nach einem Jahr kündigte er entnervt. Aber nicht wegen schlechter Arbeitsbedingungen und mieser Bezahlung, Joseph hielt die Passagiere nicht länger aus.
Immer gibt es Pinkel-Streit
Vor allem Sicherheitsanweisungen stoßen immer auf taube Ohren. "Einmal ging das Gurtzeichen an, weil wir Turbulenzen erwarteten. Ein Vater hatte seine Tochter auf der Schulter. Ich sagte nur 'Bitte setzen Sie sich hin.'" Aber der Vater begann zu streiten, seine Tochter müsse pinkeln. "Irgendwann setzte er sich dann doch." Später meldete er Joseph bei seinem Vorgesetzten. "Er sagte, ich hätte das Leben seiner Tochter aufs Spiel gesetzt. Vollkommen verrückt." Wenn die Blase drückt, endet das zivilisierte Benehmen. Wenn bei schweren Turbulenzen die Schlange vor dem Klo aufgelöst wird, liegen die Nerven blank. Ein älter Reisender beschimpfte Joseph lautstark: "Mit manchen Leuten kann man nicht zurechtkommen."

Streit und Suff an Bord
Noch unangenehmer sind betrunkene Reisende. "Einer meiner Kollegen musste mit einer renitenten Lady fertig werden. Sie war ziemlich betrunken und prügelte sich mit anderen Passagieren. Sie biss und schlug die Kollegen. Die wollten sie beruhigen, das funktionierte aber nicht. Schließlich zwangen sie sie auf einen Sitz runter. Crewmitglieder mussten neben ihr sitzen bleiben und sie irgendwie mit den Gurten fesseln."
Sehr viel Ärger gibt es regelmäßig wegen der Gepäck-Politik von Ryanair. Weil ein aufgegebener Koffer manchmal teurer ist als der ganze Flug, bringen sehr viele Gäste ihre Trolleys mit in die Kabine. In einer Boeing 737 kann man aber nur 90 große Taschen mitnehmen. Passt das Bodenpersonal auf, geht alles gut, denn dann werden die Taschen ohne Gebühr außerhalb der Kabine transportiert.

Der Gepäck-Terror bei Ryanair
"An manchen Flughäfen wird die Sache mit dem Bordgepäck nicht richtig gemacht. Dann stehst du mit 140 Koffern da und musst sie wieder rausladen. Jedem einzelnen Passagier musst du erklären, dass sein Gepäck raus muss. Die wollen das natürlich nicht und streiten zehn Minuten mit dir rum. Am Ende ist der ganze Flug verspätet, weil wir nicht in unserem Slot starten konnten."
Für die Angestellten gelten sehr strikte Regeln für das Aussehen. Laut Joseph habe es Frauen besonders schwer. Bei ihnen sind nur vier Frisuren erlaubt: Pferdeschwanz, French Roll, Dutt oder offenes, kurzes Haar. Ebenso werden der Look der Fingernägel und die Farbe des Nagellacks normiert. Männer haben es nicht einfacher, sie dürfen beispielsweise keine langen Haare tragen.
"Die Vorgesetzten kontrollieren das Aussehen von jedem. Wenn irgendetwas nicht stimmt, kassierst du eine 'Aussehen-Abweichung'. Hast du davon einige gesammelt, gibt es ein Meeting und das ist eine ernsthafte Angelegenheit."
Rebellion, wenn die Getränke ausgehen
Sommerflüge von Stansted auf die Kanaren gelten als ultimative Herausforderung bei den Flugbegleitern. "Du sitzt den ganzen Tag nicht und läufst nur den Gang runter. Dabei musst du mit Passgieren zurechtkommen, die ungeduldig und betrunken sind. Das zehrt einen aus." Ganz schlimm wird es, wenn die Vorräte an Wasser und Alkohol an Bord ausgehen. "Manche Passagiere verstehen, dass es nicht deine Schuld ist. Andere führen sich auf, als hättest du jetzt ihren ganzen Urlaub ruiniert. Das verstehe ich sowieso nicht. Wenn die Verkäufe so wichtig sind, warum haben wir dann nicht genug Getränke an Bord?"
"Das war einer der schlimmsten Jobs, die ich je gemacht habe", sagt der Flugbegleiter. Dennoch bereut er es nicht, bei Ryanair gearbietet zu - ganz im Gegenteil. "Ja, es war einer der miesesten Jobs überhaupt. Aber die Jungs und Mädchen, mit denen ich gearbeitet habe, waren großartig. Ich habe tolle Menschen kennengelernt." Ein Sprecher von Ryanair sagte dem Independent, dass die Firma prüft, online Bestellungen vor dem Flug einzuführen, um eine bessere Versorgung während der Flüge zu gewährleisten. Außerdem werde kein Druck auf das Personal ausgeübt, eine bestimmte Verkaufsquote zu erreichen. Es gebe lediglich einen Verkaufsbonus als Anreiz.
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