Alle Lebewesen haben eine innere biologische Uhr, die auf den 24-Stunden-Tag abgestimmt ist. Dieser Rhythmus steuert eine ganze Reihe von Prozessen: Hormone, Blutdruck, Appetit und Schlafzyklus.
Gewichtszunahme, Diabetes, Krebs, Depressionen und eine schlechte Herzgesundheit kommen häufig bei Schichtarbeitern vor, die gegen ihre innere Uhr kämpfen, um wach zu bleiben. Wissenschaftler der Universität Bristol wollten nun wissen, was tatsächlich im Körper geschieht, wenn der normale Ablauf gestört wird.
Experiment mit Nagetieren
Für die Studie haben sie die innere Uhr bei einer Gruppe von Ratten unter Stress gesetzt. Besonderes Augenmerk legten sie auf Veränderung im Appetit und beim Essverhalten.
In dem Experiment gab es eine Schar von Ratten, die in Ruhe gelassen wurden. Die Kontrollgruppe. Die anderen wurden wie Nachtarbeiter behandelt und litten unter Jetlag. Das Ergebnis: Die Nachtschichten brachten das Essverhalten der Tiere durcheinander. Anstatt in der inaktiven Phase – die ja nun auf den Tag fiel – zu ruhen, futterten sie.
Dafür war ein Hormon verantwortlich. "Das Nebennierenhormon Kortikosteron, das normalerweise zirkadiane (Im 24-Stunden-Rhytmus) ausgeschüttet wird, ist ein wichtiger Faktor bei der täglichen Kontrolle von Gehirnpeptiden, die den Appetit regulieren", sagte Stafford Lightman, Professor für Medizin an der Bristol Medical School und Co-Senior-Autor der Studie. "Wenn wir die normale Beziehung von Kortikosteron mit dem Lichtzyklus von Tag zu Nacht stören, führt dies zu einer abnormalen Ausschüttung und einem abnormalen Appetit während der Zeit, in der die Tiere normalerweise schlafen."
Der Vergleich zur Kontrollgruppe war deutlich. Die Ratten, mit dem üblichen Rhythmus, nahmen nur 11 Prozent der täglichen Nahrung in der Ruhephase zu sich. Bei den Jetlag-Nagern schnellte dieser Wert auf 58 Prozent hoch. Lightman sagte, wenn wir unseren normalen Körperrhythmus stören, stört dies die normale Appetitregulierung, weil die Nebennierenhormone auf den Hell-Dunkel-Zyklus abgestimmt sind.
Störung der inneren Uhr
Dr. Becky Conway-Campbell, die leitende Autorin der Studie, sagte: "Für Menschen, die die ganze Nacht über arbeiten, kann eine umgekehrte innere Uhr verheerende Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben."
Sie nimmt an, dass die Gesundheit von Nachtschichtarbeitern geschädigt wird. "Menschen, die regelmäßig Nachtschichten leisten, empfehlen wir Folgendes. Sie sollten versuchen, die Tageslichtexposition, das Herz-Kreislauf-Training und die Mahlzeiten zu geregelten Zeiten aufrechtzuerhalten." Praktisch dürfte es schwierig sein, strahlendes Sonnenlicht zu genießen, wenn die aktive Phase in die Nacht fällt. Jemand, der immer nachts arbeitet, kann zumindest einen einheitlichen Essensfahrplan durchhalten. Arbeitet die Person jedoch bei wechselnden Schichten, ist auch das kaum möglich.
Dr. Conway-Campbell ist sich zudem bewusst, dass man nur "schwer mit 'Disziplin' oder 'Routine'" hormonellen Botschaften im Gehirn entgegenwirken kann. Vermutlich werden nur Medikamente den hormonellen Hunger-Impuls ausbremsen können. Dann würde Nachtarbeit allerdings mit dauerhafter Medikamentation einhergehen.
Quelle: Communications Biology