Absturz des Airbus A330 Todesflug AF447 Rio-Paris: Air France und Airbus stehen vor Gericht

Af447
Das Seitenruder des abgestürzten Airbus A330-200 von Air France wird im Juni 2009 aus dem Atlantik geborgen
© UPI Photo / Imago Images
228 Menschen sterben, als 2009 ein Airbus zwischen Rio de Janeiro und Paris in den Atlantik stürzt. Die Aufklärung ist schwierig und der juristische Kampf um die Verantwortung ein jahrelanges Tauziehen. Nun sitzen zwei große Konzerne vor Gericht.

Mehr als 13 Jahre nach dem Absturz einer Air-France-Maschine von Rio de Janeiro nach Paris mit 228 Toten müssen sich Airbus und Air France ab Montag wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten. "Die Hinterbliebenen wollen, dass die beiden Unternehmen verurteilt werden", sagt der Anwalt Louis Caillez, der mehrere Angehörige der insgesamt 28 deutschen Opfer vertritt. Ein erstes Verfahren war 2019 eingestellt worden.

Es handelt sich um den schwersten Unfall in der Geschichte der französischen Fluggesellschaft. Die Maschine vom Typ A330-203 war in der Nähe des Äquators mitten in der Nacht über dem Atlantik abgestürzt. Dabei waren alle 216 Passagiere und die zwölfköpfige Crew ums Leben gekommen. Das Flugzeugwrack und die Flugschreiber wurden erst zwei Jahre später gefunden.

Aus den Flugdaten geht hervor, dass kurz vor einer Unwetterzone die Geschwindigkeitssensoren vereisten und der Autopilot sich ausschaltete. Der Flugcomputer zeigte fälschlich an, dass das Flugzeug sich im Sinkflug befand. Der Co-Pilot steuerte die Maschine so steil nach oben, dass es schließlich zu einem Strömungsabriss kam und die Maschine wie ein Stein ins Meer stürzte.

Die Aufzeichnungen des Stimmenrekorders belegen, dass es nur etwa vier Minuten dauerte von dem Moment, in dem die Piloten den Ausfall der Geschwindigkeitsanzeige bemerkten, bis zum Absturz. Die Ermittler gehen davon aus, dass die meisten Passagiere auf dem Flug AF447 die Notsituation gar nicht mitbekommen haben. Viele von seien seien nicht angeschnallt gewesen.  

Staatsanwaltschaft legte Berufung ein

Der Abschlussbericht der französischen Luftfahrtermittlungsbehörde (BEA) 2012 verwies auf eine Verkettung menschlicher und technischer Fehler, die zu dem Unglück geführt habe. Nach jahrelangem juristischen Tauziehen stellten die französischen Untersuchungsrichter ein erstes Verfahren gegen Air France und Airbus 2019 ein. 

Viele Hinterbliebene zeigten sich damals enttäuscht und bedauerten, dass die Ermittler sich allzu sehr auf die Pilotenfehler konzentriert hätten. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein. Beide Unternehmen weisen die Vorwürfe zurück. 

"Es gab vor dem Unglück mehrere ähnliche Zwischenfälle (mit den Geschwindigkeitssensoren), aber daraus waren keine Konsequenzen gezogen worden", sagt der Anwalt Caillez. Er will in dem Prozess damit argumentieren, dass die Piloten nicht ausreichend informiert und geschult worden waren. Seine Mandanten seien froh, dass es endlich zum Prozess komme. "Es wird eine Debatte über die Fehler von Airbus und Air France geben", sagte er. 

Mehrere Deutsche unter den Opfern

Es war bekannt, dass die von Air France verwendeten Messgeräte anfällig waren. Die Fluggesellschaft hatte kurz vor dem Absturz begonnen, die sogenannten Pitot-Sonden auszutauschen - allerdings nicht an der Maschine, die von Rio de Janeiro nach Paris fliegen sollte.

Zu den 28 deutschen Opfern zählte die 31 Jahre alte Verkaufsmanagerin eines Münchner Hotels, Iris G., die ihren Bruder besucht hatte. Der Stuttgarter Modeberater Matthias P. kehrte aus dem Urlaub zurück. Die 44 Jahre als Münchnerin Valnizia B. hatte ihre Tochter in Rio besucht, der Potsdamer Architekt Moritz K. ebenfalls in Rio den Star-Architekten Oscar Niemeyer. 

Auch ein Ehepaar mit zwei erwachsenen Töchtern und einer zwei Jahre alten Enkelin aus Fellbach zählten zu den Opfern. Der 44 Jahre alte Harald W. war nach Brasilien geflogen, um Unterlagen für seine bevorstehende Hochzeit zu besorgen.

In dem Prozess haben sich 476 Nebenkläger gemeldet. Die Gerichtsverhandlung beginnt am Montag und soll bis zum 8. Dezember dauern. Im Fall einer Verurteilung müssen die Unternehmen mit Geldstrafen in Höhe von 225.000 Euro rechnen. 

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Ulrike Kolterman/AFP

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