In Fengdu, der "Stadt der Geister" und Residenz des Königs der Hölle und seiner Gehilfen, lässt sich die Wiedergeburt mit etwas Geschicklichkeit ganz genau planen, so glauben die Chinesen. Dieser magische Ort, der ganz im Zentrum des Riesenreiches am Yangtze-Fluss liegt, verspricht dem Besucher beim Durchschreiten dieses oder jenen Tores wahlweise ein langes Leben, Glück und Geld im Überfluss. Das vor 1600 Jahren gegründete Kloster schaut dabei selbst einer ungewissen Zukunft entgegen: Wird es auch nach 2009 noch auf dem Ming-Berg thronen, oder gehört es zu den Opfern des gewaltigen Stausees, das durch den Yangtze überflutet wird?
Städte und Dörfer werden versinken
Da, wo die Zukunft beginnt, stehen Tafeln an den Berghängen. Mit roter Farbe haben Bauarbeiter die Markierung "175 Meter" darauf gemalt. Spätestens 2009, wenn der Drei-Schluchten-Staudamm komplett fertig ist und das Wasser den Höchststand von 175 Meter erreicht, ist all dies Vergangenheit: 13 Städte und 1500 Dörfer versinken. Neun Monate früher als geplant wurde jetzt der Hauptdamm vollendet.
Doch vorerst ist Fengdu noch ganz der magische Ort, den alle Taoisten und Touristen erwandern wollen: 620 Stufen geht es hinauf in die von bunten Dämonen und skurrilen Monstern bewachte Tempelanlage. Der Höllenkönig selbst thront sechs Meter hoch in einem Tempel und bewahrt das Buch auf, in dem der Todestag jedes Menschen stehen soll - europäische Namen ausgenommen! Und die chinesischen Behörden versprechen, dass er auch nach 2009 als Insel oberhalb der Wasseroberfläche des Yangtze thronen wird, während die dazugehörige 50.000-Einwohner-Stadt in den braunen Fluten untergehen wird.
Tipps für die Kreuzfahrt auf Chinas längstem Strom
Anreise und Formalitäten:
Für die Einreise in die Volksrepublik China ist ein Visum erforderlich. Der Reisepass muss bei Einreise noch mindestens sechs Monate gültig sein. Das Antragsformular gibt es bei der chinesischen Botschaft in Berlin oder als Download im Internet unter www.china-botschaft.de. Die Bearbeitungsgebühr beträgt 20 Euro.
Zu empfehlen ist die Anreise von Frankfurt am Main aus zum Beispiel mit Cathay Pacific via Hongkong und mit Weiterflug nach Wuhan/Chongqing. Der Flug dauert zwölf Stunden. Flusskreuzfahrten mit ortskundiger Reiseleitung bieten Reiseveranstalter wie Dr. Tigges, Orbis-Reisen, FTI Frosch-Touristik, Windrose oder GeBeCo an.
Klima und Reisezeit:
Yangtze-Flusskreuzfahrten werden das ganze Jahr über angeboten. Die beste Reisezeit sind die Monate von April bis Juni und von September bis November. Sie sind aber zugleich auch die teuersten Reisezeiten.
Kreuzfahrt:
Die Yangtze-Kreuzfahrt ab Chongqing flussabwärts bis Yichang dauert drei, bis Wuhan vier Tage. Die Rückreise dauert mindestens zwei Tage länger. Die Schiffe steuern tagsüber die Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke an, nachts liegen sie vor Anker. Ideal ist eine solche Kreuzfahrt in Verbindung mit einer Städtreise zum Beispiel nach Hongkong, Shanghai und Peking.
Sprache:
Chinesisch. Auf den Schiffen von Victoria-Cruises ist die Bordsprache Englisch.
Zeitverschiebung:
China ist Deutschland um sechs Stunden voraus.
Währung:
Die chinesische Währung ist der Yuan. Er darf weder ein- noch ausgeführt werden. Auf den Kreuzfahrtschiffen werden Euro oder US-Dollar getauscht. Auch die gängigen Kreditkarten werden akzeptiert.
Gesundheit:
Für China sind keine Impfungen vorgeschrieben.
Informationen:
Botschaft der Volksrepublik China, Brückenstraße 10, 10179 Berlin, 030-275908.
Hochkonjunktur für Flusskreuzfahrten
Derzeit geben die steigenden Yangtze-Fluten den beliebten Flusskreuzfahrten auf dem längsten Fluss des Landes gehörig Auftrieb. So hat die amerikanisch-chinesische Reederei Victoria-Cruises gerade ein neues Fünf-Sterne-Schiff auf Jungfernfahrt geschickt, das mit 300 Passagieren und viel Luxus an Bord durch tiefe, dunkle Schluchten mit hohen Felswänden und markanten Felsspitzen und vorbei an weitem Agrarland gleitet.
Vorbei ziehen auf dem Weg auch gigantische Baustellen mit rußenden Industrieschloten - schließlich ist ganz China im Umbruch - aber auch exotische Landschaften von ruhiger Schönheit. Kleine hölzerne Feuerschiffe weisen den vielen Kreuzfahrern den Weg durch den mal flach und träge, mal schnell und ungestüm fließenden Yangtze.
Staudamm soll Reiz an Kreuzfahrt nicht trüben
Zum Höhepunkt jeder Yangtze-Kreuzfahrt ist längst der Drei-Schluchten-Staudamm geworden. Er ist 2 Kilometer lang, 185 Meter hoch, die Krone ist 18 Meter breit. Unvorstellbare 50 Milliarden Euro soll das Projekt insgesamt kosten. Kein anderes Großprojekt war in den vergangenen Jahren so umstritten wie diese Talsperre in der Volksrepublik. 1993 wurde mit dem Bau begonnen, an dem bis zu 18.000 Arbeitskräfte beschäftigt sind.
Der Jangtzekiang, wie er im deutschen Sprachgebrauch auch heißt, ist mit 6380 Kilometern der längste Strom Chinas. Schiffbar ist er auf rund 2500 Kilometern, von denen sich aber auch Teilstrecken bereisen lassen. Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle im Drei-Schluchten-Gebiet. Kritiker fürchten, dass der bisherige Reiz einer Schifffahrt durch die Drei Schluchten nach der vollständigen Aufstauung verloren gehen könnte, während die Befürworter des Projekts darauf hinweisen, dass bei mehr als 1000 Meter hohen Felswänden rechts und links des Stroms eine Reduzierung der Schluchten um etwa 150 Meter den Reiz nur geringfügig beeinträchtigt und das Panorama der Schluchten eindrucksvoll genug bleibt.
Ab Mitternacht ohne Strom
Wahlweise am Anfang oder am Ende einer Flusskreuzfahrt wartet die Millionenmetropole Chongqing auf die Besucher. Mit 30 Millionen Einwohnern in der Region gilt sie als größte Stadt Chinas und ist doch gleichzeitig bei Touristen nahezu unbekannt. Das liegt an den fehlenden geschichtsträchtigen Denkmälern, denn Chongqing ist vor allem eine Stadt der Umgesiedelten und Zuwanderer aus allen Teilen des Riesenreiches. Asiatisches Großstadtleben lässt sich hier aber auf breiten Boulevards, in dampfenden Garküchen und kleinen Parks vortrefflich genießen - bis nachts um 24.00 Uhr: Dann nämlich wird der Strom abgestellt in der gesamten Stadt. Chinas Energiehunger ist riesengroß und fast unstillbar. Aber da soll ja das Staudamm-Projekt Abhilfe schaffen.