Warum ist das jetzt so teuer? Auf dem Preisschild steht etwas ganz anderes!", beschwert sich die deutsche Touristin lautstark an der Kasse und wedelt mit dem T-Shirt in ihrer Hand. "Schatz, du weißt doch, dass in New York immer noch Tax auf den angegebenen Preis gerechnet wird", versucht ihr Ehemann sie zu beruhigen. Peinlich berührt blickt er den Verkäufer an und gibt ihm zu verstehen, dass sie das T-Shirt doch gerne kaufen möchten - ohne Aufstand.
Der Kassierer nimmt mit amerikanischer Freundlichkeit den korrekten Betrag entgegen - inklusive aller Steuern - und verabschiedet sich mit einem "Have a good one" von dem überforderten Ehepaar. Es ist schließlich nicht das erste Mal in diesen Wochen, dass er in einen Dialog über den tatsächlichen Endpreis verwickelt wird.
Teuer erkaufte Hotelzimmer
In der Vorweihnachtszeit fällt es den wenigsten New Yorkern leicht, die Contenance zu bewahren und sich ohne Schimpfattacken auf den überquellenden Bürgersteigen der Streets und Avenues zu bewegen. Denn an jeder Ecke lauern Touristen, denen das Wort Verwirrung auf die Stirn geschrieben steht. "Wo müssen wir jetzt lang?", "meine Füße tun weh", "warum ist hier alles so teuer - und so laut?" Als Tourist hat man es in New York nicht leicht, gerade während der Kaufrausch-Wochen im Dezember.
Der große Menschenandrang bleibt nicht nur auf New York beschränkt. Aber gerade im Big Apple wimmelt es in der Adventszeit von Shopping-Touristen. Seit Jahren gilt bei Deutschen als chic, die Weihnachtseinkäufe in New York zu erledigen. Dabei zahlen Urlauber im Dezember in New York weltweit am meisten für ein Hotel: Rund 212 kostet ein Doppelzimmer dort im Schnitt, wie das Hotelbuchungsportal HRS errechnet hat. Im Vergleich zum Gesamtjahr 2011 verteuerten die New Yorker Hotels ihre Preise im Advent um 17,6 Prozent.
Trotz der saftigen Übernachtungspreise boomt der Tourismus in New York. Die Stadt ist auf dem Weg, einen Rekord von 27 Millionen Hotelübernachtungen zu verzeichnen, 4,5 Prozent mehr als in 2010. Gerade erst wurde der 50. Millionste Besucher in diesem Jahr begrüßt. Die Besucherzahlen steigen so rasant, dass der Tourismus zur fünfwichtigsten Einnahmequelle der Stadt geworden ist. Mit 31,5 Milliarden Dollar im Jahr Umsatz schafft der Fremdenverkehr 30.000 Arbeitsplätze. "Tourismus ist ein Teil meiner Arbeit", sagt Bürgermeister Michael Bloomberg. "Wir müssen die Leute Willkommen heißen und sie glücklich machen." 2007 hat er mithilfe einiger Promis eine Kampagne gestartet, in der die New Yorker aufgerufen wurden, freundlicher zu den Touristen zu sein. Lange Jahre haftete an ihnen der Ruf, dauergestresst und unfreundlich zu sein. Doch jetzt gehören Touristen zu New York wie die Eichhörnchen in den Central Park.
Weihnachtsfest versus Weihnachtsstress
Wenige Tage vor Weihnachten herrscht an Rockefeller Center Hochbetrieb. Auf der Eisbahn vor der Prometheus-Statue drehen Schlittschuhläufer ihre Runden. Wer spontan aufs Eis möchte, muss 75 US-Dollar für den Eintritt bezahlen, allerdings inklusive Miete für die Schlittschuhe. Daneben steht die diesjährige Fichte, die mit ihren 23 Metern wie ein gigantisch bunt glitzernder King Kong wirkt, der am Hauptgebäude hochragt und Tausende Schaulustige in ihren Bann zieht.
Auch der zeitgestresste New Yorker muss diese Tage verstehen: Wenn er wieder einmal fünf Minuten länger zur Arbeit braucht, weil japanische Touristengruppen verzückt mit ihren Kameras an weihnachtlich dekorierten Schaufenstern kleben und ein zügiges Durchkommen unmöglich machen. Beschweren sollte er sich nicht. Denn ein Tourist gibt durchschnittlich 200 US-Dollar am Tag aus. Macht in sechs Tagen 1200 US-Dollar, multipliziert mit 50 Millionen Touristen - eine stattliche Summe.