Anzeige
Anzeige

Kaum Sparpreise an Streiktagen Wie die Bahn während des Streiks abkassiert

Wegen des Mega-Streiks wird in den nächsten Tagen nur noch ein Drittel aller Fernzüge verkehren. Wer jetzt eine Fahrkarte für einen Ersatzzug kaufen möchte, muss mit heftigen Ticketpreisen rechnen.
Von Till Bartels

Die Deutschen haben sich an eine Bahn gewöhnt, auf die kein Verlass mehr ist. Acht Streikwellen mussten die Kunden in den letzten Monaten über sich ergehen lassen. Das große Chaos bleibt allerdings jedes Mal aus. Bahnreisenden reagieren inzwischen flexibel: Pendler haben Fahrgemeinschaften gebildet, Geschäftsreisende lassen ihre Treffen ausfallen und die Wochenendtrips von Privatreisenden werden einfach verschoben.

Doch es gibt auch Termine und Reisen, die unaufschiebbar sind. Zum Glück gibt es noch verbeamtete Lokführer, die sich am Ausstand nicht beteiligen dürfen. Deshalb fahren trotz des Streiks ein Drittel aller ICE- und IC-Züge. Doch wer glaubt, dass einem die Bahn mit günstigen Tarifen in dieser Zeit entgegen kommt, wird eines Besseren belehrt.

Zwar bedauert die Bahn während des Streiks "ausdrücklich die Einschränkungen für alle Fahrgäste" und schreibt auf ihrer Homepage: "Gleichzeitig möchten wir alle Reisende ermuntern, die tatsächlich verkehrenden Züge während der Streiktage zu nutzen und damit zuverlässig ihr Ziel zu erreichen." Doch alle, die für das kommende Wochenende eine Fahrkarte für einen dieser Ersatzzüge buchen möchten, erhalten fast nur noch Fahrkarten zum Normaltarif.

Extreme Verknappung des Angebots

Normalerweise sind bis drei Tage vor Abfahrt noch Spartarife buchbar. Doch seit der Ankündigung des 127-Stunden-Streiks sind auch mehrere Tage im Voraus auf den Rennstrecken der Bahn kaum noch ermäßigten Tickets, die bei 29 Eurobeginnen, zu kaufen.

Wir haben den Test gemacht: Zum Beispiel am Freitag, den 8. Mai hin und zurück am Sonntag, den 10. Mai, nach Streikende (!) auf der Strecke von Köln nach München: 112 Euro kostet der einfache Weg. Mit Hilfe des auf der Bahn-Homepage versteckten Sparpreis-Finders für die Strecke Berlin-Hamburg heißt es zu denselben Zeiten: "Keine Sparangebote gefunden. Im Folgenden zeigen wir Ihnen Angebote zum Normalpreis an." Macht 79 Euro im ICE pro Richtung. Nur Ermäßigungen mit der Bahncard sind möglich.

"Durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage ändern sich die Sparpreis-Kontingente", sagt ein Bahnsprecher auf Anfrage des stern. Bei den Preisen gibt es keine Automatik, bestätigt er, sondern "die Kontingente werden aktiv gesteuert". Im Falle des fast einwöchigen Streiks kommt es zu einer massiven Verknappung des Angebots. Die Bahn verkauft in diesem Zeitraum ihre Tickets also bewusst zum Normaltarif.

Kein Leidensrabatt, sondern Aufschlag

In den vergangenen Monaten haben die vielen Streiks der Lokführer Tausende von Reisenden zu den Busbahnhöfen getrieben und zu Fans des Fernbus-Angebots gemacht - gezwungenermaßen. Denn wer einmal in einem der neuen Fernbusse gesessen und die Erfahrung gemacht hat, dass ein fester Sitzplatz im Fahrpreis inbegriffen ist, das Wlan an Bord und gestreamte Video- und Musikinhalte kostenlos sind, der fährt gerne häufiger Bus. Abgesehen vom Preis.

Zwar ziehen durch die plötzlich sprunghaft gestiegene Nachfrage bei einem Bahnstreik die Buspreise ebenfalls an, doch bleiben die Ticketpreise immer noch günstiger als bei der Bahn. Doch anstatt an den Streiktagen mit Leidensrabatten und Service die Kunden auf die Schiene zu locken, scheint sich die Deutsche Bahn von den günstigen Sparpreistickets endgültig zu verabschieden.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel